Bundeswehr sucht neuen Atombombenträger | Telepolis

2022-11-10 15:55:17 By : Mr. Bo WU

Panavia Tornado der Bundeswehr beim Landen auf dem Luftwaffenstütztpunkt Büchel. Bild: Alf van Beem/CC0

Alles zu den amerikanischen Atomwaffen in Deutschland und der "nuklearen Teilhabe"

Während die USA und Russland ihr einziges Rüstungskontrollabkommen zur Begrenzung der atomaren Rüstung in Europa aufgekündigt haben, sucht die Bundeswehr nach einem neuen Atomwaffenträger, denn das Mehrzweckkampfflugzeug Tornado soll früher oder später ausgemustert werden.

Im Februar 2019 traf das BMVg eine Vorentscheidung: entweder eine neue Version des europäischen Eurofighter oder der amerikanischen F/A-18 Super Hornet. Der zukünftige Kampfjet wird mit den neuen Wasserstoffbomben B61-12 ausgerüstet, die in Büchel (Eifel) eingelagert werden. Für die beteiligten Flugzeughersteller geht es ums "big business", für Europa geht es nach der Kündigung des INF-Abkommens um die Frage, ob ein neues atomares Wettrüsten droht.

Der Tornado, auch als MRCA (Multi Role Combat Aircraft) bekannt, ist ein zweimotoriger, zweisitziger allwetterfähiger Jagdbomber mit Schwenkflügeltechnik, der für den Tiefflug optimiert wurde. Die Maschinen werden von einer zweiköpfigen Besatzung aus dem Piloten und einem Waffensystemoffizier (WSO) geflogen. Bei einer Länge von 17,23 m beträgt die Spannweite 13,91 m. Die Reichweite ohne Luftbetankung beträgt 2.500 km, die Höchstgeschwindigkeit 1500 km/h im Tiefflug oder 2.400 km/h in 12.000 m Höhe. In größeren Höhen erreicht der Tornado mehr als doppelte Schallgeschwindigkeit, im Tiefflug oder in Meereshöhe ist er zwar deutlich langsamer, aber immer noch deutlich schneller als der Schall.

Der Gefechtsradius mit standardisierter Beladung und einem ebensolchen Flugprofil beträgt etwa 1.350 Kilometer. Bei 14 Tonnen Leergewicht kann das Flugzeug mit einem Gesamtgewicht von mehr als 28 Tonnen noch abheben, also großen Mengen an Munition und Treibstoff mitführen. Die konventionelle Waffenlast besteht aus einer umfassenden Auswahl verschiedenen Systeme: 2 x Bordkanonen Mauser 27 mm, Raketen AIM-9L Sidewinder, AGM-88B HARM, Lenkbomben (Guided Bomb Units) GBU-24 Paveway III, GBU-38, GBU-54(V)3 (LJDAM), Raketen Kormoran zur Seezielbekämpfung oder Marschflugkörper TAURUS KEPD 350 Abstandswaffe.

Der Tornado kann aber nicht nur konventionelle Munition, sondern als Dual Capable Aircraft (DCA) auch Nuklearbomben abwerfen. Als Atomwaffenträger sind mindestens 46 Tornados ausgerüstet, obwohl nicht einmal für die Hälfte dieser Maschinen Atomwaffen tatsächlich in der BRD eingelagert sind! Es handelt sich um freifallende H-Bomben der Typvarianten B61-3 (bis zu 130 Kilotonnen TNT-Äquivalent) und B61-4 (variable Sprengkraft 0,3 bis 50 KT). Die nuklearen Bomben werden in der Regel unter den Flügeln oder dem Rumpf an Pylonen aufgehängt.

Um eine Atombombe abwerfen zu können, ist eine besondere Avionikausstattung notwendig: Im Cockpit bedient die Besatzung das Ein- und Freigabegerät Aircraft Monitoring and Control System (AMAC), um den PAL-Entriegelungscode, die Detonationsstärke und die gewünschte Explosionshöhe etc. einzustellen. Die entsprechenden Befehle werden über die Interface Control Unit (ICU) auf elektrischem und elektronischem Wege an die Elektronik in der Bombe weitergeleitet. So müssen alle Nuklearbefehle und Informationen die ICU passieren, um die Bombe auf einen scharfen Einsatz vorzubereiten (Prearming).

Zur Sensorausstattung der Flugzeuge gehört ein Emitter Locator System (ELS) zur Identifizierung von Radarsignalen, Forward Looking Infrared (FLIR) und ein externer Recce-Behälter (Recce = Reconnaissance) mit die Photoaufklärung mit mehreren Kameras verschiedener Brennweite.

So ist der Tornado für den extremen Tiefflug optimiert. Manuell kann problemlos in Höhen von bis zu 100 Fuß (30 m) geflogen werden. Ein automatisches Geländefolgesystem bestehend aus dem Terrain Following Radar, einem Radarhöhenmesser und dem Flugkontrollrechner machen automatischen Tiefstflug bis 60 Meter über Grund möglich. Egal ob bei schlechtem Wetter oder bei Nacht. Eine Flugstunde mit dem Tornado kostet etwa 42.834 Euro (Stand: 2009!)

Dieser Flugzeugtyp wurde seit den siebziger Jahren von Großbritannien, Italien und Deutschland entwickelt. Die Bundeswehr setzt die Maschine seit 1981 ein. Bis 1992 beschaffte die Bundeswehr insgesamt bis zu 357 Jagdbomber. Die ersten 332 Flugzeuge waren Tornado IDS (Interdiction Strike), die für den konventionellen und nuklearen Angriff auf Bodenziele sowie für die Photo-Aufklärung vorgesehen waren. So kann der konventionell bewaffnete Jagdbomber durch Zuladung eines externen Recce-Pod unter dem Rumpf als Aufklärer eingesetzt werden. Bei der Bundeswehr trugen die Tornado IDS die Kennungen 43+01 bis 46+22. Danach kamen 35 Flugzeuge vom Typ ECR (Electronic Combat Reconnaissance) zur elektronischen Aufklärung und Bekämpfung der gegnerischen Luftabwehr hinzu. Sie hatten die Kennungen 46+23 bis 46+57.

Von dem Tornado gibt es also drei Versionen: 1. Jagdbomber für Luftangriffe mit konventionellen Bomben oder Raketen, 2. Jagdbomber für Luftangriffe mit Atombomben vom Typ B61-und/oder B61-4, 3. EloKa-Störflugzeug Tornado (Electronic Combat Reconnaissance - ECR) zur Ausschaltung der gegnerischen Luftverteidigung (Suppression of Enemy Air Defenses - SEAD).

Der Tornado ist im Laufe seiner Einsatzzeit durch Programme zur Kampfwerterhaltung (KWE) oder Kampfwertanpassung (KWA) wiederholt modernisiert worden. Letzter Standard ist ASSTA 3.1 oder 4.1 (Avionics System Software Tornado in Ada). Dabei wurden u. a. die Bildschirme für den Waffensystemoffizier im hinteren Cockpit erneuert und eine Verbesserung und Digitalisierung der Datenlinksysteme durchgeführt.

Die Maschinen wurden in den neunziger Jahren im Jugoslawienkrieg eingesetzt, anschließend waren sechs Tornados vom 20. April 2007 bis 27. November 2010 in Mazar e-Sharif in Afghanistan stationiert, gegenwärtig nehmen vier bis sechs Aufklärer am Krieg in Syrien/Irak teil. Im Oktober 2018 beschloss das Bundeskabinett, den Tornado-Einsatz vom jordanischen Stützpunkt Al-Asrak im Verlauf des Jahres 2019 einzustellen.

Die Maschinen wurden bereits vor dreißig bis vierzig Jahren in Dienst gestellt. Die meisten Maschinen sind mittlerweile ausgemustert worden und müssen bestenfalls noch als kannibalisiertes Ersatzteillager auf den Fliegerhorsten herhalten.

Dabei ist das Problem mangelnder Einsatzbereitschaft keineswegs neu. Bereits im April 2002 berichtete die "Frankfurter Allgemeine Zeitung":

Wegen knapper Finanzmittel droht den Tornado-Kampfflugzeugen der Bundeswehr die Stillegung ab dem nächsten Jahr. Die Maschinen sind dann zu alt. Sollten sie nicht modernisiert werden, droht ihnen der Entzug der zivilen Flugzulassung durch das Luftfahrtbundesamt, berichtet die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung unter Berufung auf die militärische Führung der Bundeswehr. Ohne Modernisierung sei die Flugsicherheit nicht mehr gewährleistet und die Maschinen müssten auf dem Boden bleiben, heißt es im Verteidigungsministerium. Luftwaffe und Marine verfügen insgesamt über 300 Tornados. Im Zuge der Verkleinerung der Bundeswehr soll die Zahl auf 175 reduziert werden. Bislang war die Nutzungsdauer der Militärflugzeuge auf 4.000 Stunden festgelegt, jetzt sollen neue oder überarbeitete Triebwerke, Flugzeugzellen und Steuerungsanlagen (Avionik) eine längere Flugsicherheit gewährleisten. Kostenpunkt: Rund 460 Millionen Euro.

Im Jahr 2008 hieß es dann von Seiten der Bundesregierung, man wolle die letzten Tornados "zumindest bis 2020 im Dienst behalten". Weil ein Nachfolgemodell fehlte, entschied die Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) im Jahr 2016, die Tornados sollen bis 2035 in Dienst bleiben. Dementsprechend wies das BMVg am 18. August 2018 das Bundesamt für Ausrüstung und Informationswesen der Bundeswehr (BAAINBw) an, die Nutzungsdauer des Tornados bis zum Jahr 2035 auszuplanen und erst danach die Ausphasung des Waffensystems vorzusehen.

Demgemäß versucht man zur Zeit, die altersschwachen Tornados mit hohem technischem und finanziellem Aufwand flugfähig zu halten, obwohl Ersatzteile und Ersatzteilhersteller fehlen. Gemäß dem "8. Bericht des Bundesministeriums der Verteidigung zu Rüstungsangelegenheiten" vom Dezember 2018, hat das Ministerium "Investives Finanzvolumen wesentlicher Maßnahmen … 2019-2023ff" in Höhe von 931 Millionen Euro für die Tornado-Modernisierung eingeplant. Zur Begründung heißt es in dem Bericht:

Das Waffensystem TORNADO ist ein bewährtes Produkt in Nutzung, welches im Rahmen des Rüstungsmanagements wesentlich durch Maßnahmen zum Erhalt der materiellen Einsatzreife gekennzeichnet ist. Die Umsetzung von Maßnahmen zur Sicherstellung der forderungsgerechten Bereitstellung einsatzbereiter Luftfahrzeuge bildet dabei den Schwerpunkt. (…) Zur Absicherung der Nutzung des Waffensystems bis spätestens 2035 wurden Maßnahmenpakete sowie die zugehörigen Arbeits-, Zeit- und Finanzpläne in enger Abstimmung zwischen Bedarfsträger, Bedarfsdecker und Industrie ausgeplant, um so die langfristige Systembetreuung sowie die quantitative und qualitative materielle Einsatzbereitschaft abzusichern. (…)

Das Waffensystem TORNADO ist derzeit der alleinige Fähigkeitsträger in den Bereichen Nukleare Teilhabe (NT), Niederhalten bodengebundener Luftverteidigung und Taktische Luftaufklärung sowie des Kampfes gegen gegnerisches Potenzial am Boden mit schweren Effektoren und großer Reichweite. Beginnend ab 2025 wird die Einsatzfähigkeit des Waffensystems verstärkt durch absehbare Obsoleszenzen beeinträchtigt.

Nach dem "Bericht zur materiellen Einsatzbereitschaft der Hauptwaffensysteme der Bundeswehr 2017" des BMVg vom 26. Februar 2018 waren durchschnittlich 26 Maschinen einsatzbereit. Nach Pressemeldungen vom März 2018 hingegen standen von den 93 noch vorhandenen Tornados im Durchschnitt 63 zur Verfügung, aber nur 16 Maschinen waren wirklich einsatzbereit.

Anscheinend hat sich auch in Teilen des BMVg die Meinung durchgesetzt, dass die Tornado-Vorgabe der Ministerin - mal wieder - in ihrer Nähe zur Realität zweifelhaft war. Nach einem internen Bericht von Anfang 2018, "könnte das Waffensystem Tornado an keinem Nato-Einsatz mehr teilnehmen". Der "Spiegel" fasste die damals festgestellte Mängelliste so zusammen:

Der Bericht nennt dazu sehr viele kritische Details. Demnach gelten das IT-System und die Verkabelung der "Tornados" als völlig veraltet. Der Jet ist daher nicht ausreichend abhörsicher. Er verfügt auch über kein kryptiertes Kommunikationssystem, das bei allen internationalen Einsätzen Pflicht ist.

Ebenso besitzt der "Tornado" bis heute kein von der Nato gefordertes Freund-Feind-Erkennungssystem, das irrtümliche Angriffe auf alliierte Jets oder folgenreiche Verwechslungen von Kampfjets in der Luft vermeiden soll. Der Einbau der Geräte in die deutschen "Tornados" sei allerdings bis 2019 "nicht mehr realisierbar", so der Bericht, ab dann gilt die Technik bei der Nato als verpflichtend. (…)

Die Modernisierung allein für die IT der Jets, so das Papier, werde "Mehrkosten in Millionenhöhe" zur Folge haben. Zudem sei nicht klar, ob das Upgrade technisch überhaupt machbar ist.

Der neue Generalinspekteur General Eberhard Zorn räumte in seinem aktuellen "Bericht zur Materiallage der Hauptwaffensysteme der Bundeswehr" an die für die Misere mitverantwortlichen Politiker des Verteidigungsausschusses des Bundestages vom März 2019 ein, dass beim Tornado weiterhin "Defizite" bestünden. Immerhin hieß es von offizieller Seite, man wolle die "tagesaktuelle Verfügbarkeit" erhöhen.

Offensichtlich taugen die meisten Mehrzweckkampfflugzeuge nur noch dazu, wie in einem Auto mit x-tausend PS auf dem Flughafen spazieren zu fahren. Dabei ist der Tornado kein Einzelfall, sondern symptomatisch für die Bundeswehr. Die Nicht-Einsatzbereitschaft der Bundeswehr unterliegt mittlerweile strenger Geheimhaltung und selbst die Bundestagsabgeordnete werden zur Verschwiegenheit vergattert. So lasse der aktuelle Bericht zur Materiallage Rückschlüsse auf die aktuellen Fähigkeiten der Bundeswehr zu, deren Kenntnisnahme durch Unbefugte die Sicherheitsinteressen der Bundesrepublik Deutschland schädigen würden, behauptete der Generalinspekteur.

Schon ein Jahr zuvor, im Februar 2018, hatte der Vorsitzende des Bundeswehrverbandes Oberstleutnant André Wüstner, in einer dramatischen Erklärung konstatiert:

Die katastrophale Einsatzbereitschaft, die dazu führt, dass wir unsere Bündniszusagen nicht mehr erfüllen können, darf keinen Fachpolitiker überraschen. (…) Die Kernfrage, die Politik parteiübergreifend beantworten muss, ist: Soll Deutschland wieder einsatzbereite Streitkräfte haben oder nicht? Wenn nein, schlage ich die Auflösung der Bundeswehr vor. (…) So wie jetzt kann es nicht mehr weitergehen, insbesondere vor dem Hintergrund, dass weite Teile der Welt in Flammen stehen.

Angesichts der langandauernden Missstände kann man bei den deutschen Streitkräften mittlerweile kaum noch von einer "Armee" sprechen, sondern vielmehr handelt es sich um eine kriminelle Struktur, die Milliarden verballert, um den Staat auszuplündern und in seiner Wehrhaftigkeit zu schwächen. Es hat den Eindruck, als arbeite die Bundeswehrbürokratie gegen die eigene Truppe. Durch eine "einfache" Erhöhung des Militäretats werden sich die jahrzehntealten Probleme nicht bewältigen lassen.

Während die Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen eine Erhöhung des Militärhaushaltes für das Jahr 2019 um drei Milliarden Euro forderte, und für 2020 einen Mehrbedarf von vier Milliarden Euro anmeldete und für 2021 eine weitere Erhöhung um fünf Milliarden will, genehmigte ihr der Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) im kommenden Jahr "nur" eine Erhöhung um 1,5 Milliarden Euro von derzeit 43,2 Milliarden auf 44,7 Milliarden Euro. Bis 2021 plant der Finanzminister "lediglich" eine Steigerung des Wehretats um 5,5 Milliarden Euro.

Nach den gegenwärtigen Planungen des Bundesfinanzministers Olaf Scholz (SPD) soll der Anteil der Verteidigungsausgaben am BIP aufgrund des politischen Drucks der US-Regierung zwar kurzfristig auf 1,37 Prozent steigen, mittelfristig aber wieder sinken. Dies empörte den US-Statthalter in Berlin Richard Grenell, was wiederum die deutschen Politiker empörte, so dass Wolfgang Kubicki (FDP) gar die Ausweisung des Diplomaten verlangte.

Das TaktLwG 33 ist in Büchel (1.100 Einwohner) bei Cochem in der Eifel stationiert. Im Zweiten Weltkrieg war Büchel eine Abschussbasis für den ersten Marschflugkörper und "Vergeltungswaffen" V-1 Kirschkern. Der Fliegerhorst wurde 1954/55 durch die französischen Streitkräfte angelegt. Seit dem 6. August 1955 wird der Flugplatz von der Bundesluftwaffe genutzt. Das Geschwader ist seit 1985 mit dem Flugzeugmuster Tornado als Nachfolger für den F-104 Starfighter ausgerüstet. Diese sind in einer Zweitrolle als Nuklearwaffenträger eingeplant. Das BMVg beschreibt die Aufgabe des Geschwaders verklausuliert so:

Der primäre Auftrag des Taktischen Luftwaffengeschwaders 33 lautet "Luftangriff". Mit verschiedensten Wirkmitteln ist der Verband in der Lage unter anderem Luftnahunterstützung für Bodentruppen zu leisten und harte, tiefe und weit entfernte Ziele zu bekämpfen. Das Taktische Luftwaffengeschwader 33 ist somit ein unverzichtbarer Bestandteil der deutschen Luftwaffe.BMVg

Das Geschwader wird seit dem 3. Juli 2018 von Oberstleutnant Thomas Schneider geführt. Es umfasst 2.000 bis 2.500 Soldaten und Zivilbeschäftigte. Das Geschwader gliedert sich wie folgt:

Die Fliegende Gruppe (FlgGrp) setzt sich aus - Stab mit den Sachgebieten Personal, Einsatz, Waffen, Nachrichtenwesen, Elektronische Kampfführung (EloKa), - 1. Fliegende Staffel mit 16 Fliegenden Besatzungen, - 2. Fliegende Staffel mit 16 Fliegenden Besatzungen, - Flugbetriebsstaffel (FlBetrStff) besetzt den Geschwadergefechtstand, führt die An- und Abflugkontrolle durch, leitet die Wetterbeobachtung.

Die Technische Gruppe (TGrp) gliedert sich in: - Stab - Wartungs- und Waffenstaffel stellt die Flugzeuge für den tägl. Flugbetrieb bereit, - Instandsetzungsstaffel führt Inspektionen und Reparaturen durch, - Elektronikstaffel wartet die Avionik und Selbstschutzausrüstung der Flugzeuge, - Nachschub- und Transportstaffel dient der Materialversorgung des Geschwaders. - Ausbildungswerkstatt bildet Fluggerätmechaniker und Elektroniker für Geräte und Systeme (EGS) aus. Die Ausbildungswerkstatt ist der größte Ausbildungsbetrieb des Landkreises Cochem-Zell.

Die Fliegerhorstgruppe (FlgHGrp) besteht aus ca. 450 Soldaten und gliedert sich in: - Gruppenstab, - 1. Sicherungsstaffel "S" (= Sonderwaffen) mit drei Infanteriezügen, - 2. Sicherungsstaffel "S" (= Sonderwaffen) mit drei Infanteriezügen, - Ausbildungszug, - Scharfschützenzug, - Transport-/Begleitzug.

Die Sicherungsstaffeln sind u. a. mit Pistolen, Sturmgewehren, MG 3, Panzerabwehrsystemen und dem Radpanzer Dingo ausgestattet. Die Truppenunterkünfte für die "Büchelaner" befinden sich in der Fliegerkaserne in Cochum-Brauneck an der Bundesstraße 259.

Zum Buchbestand der beiden Kampfstaffeln zählten 47 Luftfahrzeugen (Stand 2014). Da im Verlauf der gesamten Verwendungszeit alte Maschinen ausgemustert wurden oder verunglückten und durch neue Flugzeuge ersetzt wurden, war die Gesamtzahl der Tornados der Staffeln insgesamt höher. Im Lauf der Jahre hatten die Tornados der beiden Staffeln u. a. folgende Kennungen: 43+01 (ausgemustert im Display), 43+11 (Simulator), 43+25, 43+38, 43+46, 43+48, 43+50, 43+58, 43+70 (ausgemustert), 43+72, 44+06, 44+29, 44+33, 44+64, 45+00, 45+44 (ausgemustert), 44+64, 44+70, 44+72, 44+73, 44+86, 44+87, 44+88, 44+89, 44+91, 44+92, 44+94,44+95, 44+96, 44+97, 44+98, 44+99, 45+00, 45+01, 45+02, 45+03, 45+04, 45+05, 45+06, 45+07, 45+08, 45+09, 45+10, 45+11, 45+17, 45+18, 45+19, 45+20, 45+21, 45+22, 45+23, 45+24, 45+25, 45+57, 45+66, 45+71, 45+88, 46+02, 46+07, 46+11, 46+22, 46+33, 46+38, 46+43, …

Das Geschwader nimmt an den jährlichen GREEN FLAG WEST-Manövern im Südwesten der USA teil. Hier wird die Kriegführung mit konventionellen Waffen geübt.

Wiederholt kam es zu Flugunfällen: Im März 2009 überschlug sich ein Tornado auf der Landebahn und blieb auf dem Dach liegen. Am 16. Januar 2014 stürzte ein Tornado bei Laubach nahe der Autobahn 48 Koblenz-Trier in den Wald; die beiden Besatzungsmitglieder konnten sich mit ihren Schleudersitzen retten, allerdings musste der leicht verletzte Pilot mit seinem Rettungsfallschirm aus den Bäumen herausgeschnitten werden.

Der Fliegerhorst wird gegenwärtig modernisiert. Dazu hat das BMVg von 2018 bis 2023 151 Millionen Euro eingeplant. Dabei werden die Landebahn und die Löschmittelanlage erneuert. Außerdem wird der Flugplatz für die Aufnahme des Eurofighter hergerichtet, dazu wird ein entsprechendes Instrumentenlandesystem installiert. Büchel kann somit als Ausweichflughafen für den Eurofighter fungieren. Darüber hinaus werden die Bürogebäude und Unterkünfte saniert. Nicht zuletzt wird auch die mehrfach gestaffelte Zaunanlage um den Fliegerhorst erneuert.

Sollten die Bundeswehr-Piloten im V-Fall einen Atombombenabwurf verweigern, könnten die in Büchel stationierten US-Atombomben auch durch US-Jagdbomber vom Typ F-16 eingesetzt werden. So ist auf der - mehr oder weniger - benachbarten Spangdahlem Air Base ("SP") das 52nd Tactical Fighter Wing (TFW) mit 4.500 Soldaten und 1.000 Zivilangestellten stationiert. Das Geschwader verfügt u. a. über die 480th Fighter Squadron "Warhawks" unter dem Kommando von Oberstleutnant Michael Richard mit bis zu 28 General Dynamics / Lockheed Martin F-16CM/DM (Block 50B/C/D) Fighting Falcon, die Wasserstoffbomben B61-3 und B61-4 einsetzen können. Die Staffel wurde 1987 mit F-16C erneut aufgestellt, aber im Jahr 1994 aufgelöst und die Maschinen ausgemustert oder auf andere Staffeln verteilt. Sie wurde dann am 13. August 2010 mit F-16CM/DM erneut aufgestellt. Es handelt sich um eine der drei letzten "Viper"-Staffeln der US Air Force Europe (USAFE).

Die Fighting Falcon der Staffel hatten im Verlauf der letzten Jahrzehnte u. a. folgende Serials (Identifizierungsnummer, die - manchmal verkürzt - auf dem Höhenleitwerk angegeben wird): 85-398, 85-402, 85-408, 85-410, 85-422, 85-434, 85-442, 85-444, 85-446, 85-448, 85-449, 85-450, 85-451, 85-453, 85-460, 85-461, 85-462, 85-465, 85-474, 85-475, 85-476, 85-477, 85-478, 85-480, 85-511, 85-546, 85-552, 85-572 (zweisitziges Ausbildungsflugzeug), 86-209, 86-216, 86-219, 86-222, 86-224, 86-225, 86-226, 86-227, 86-228, 86-232, 86-366, 87-282, 90-813, 90-818, 90-827, 90-829, 90-833, 90-842, 90-818, 90-827, 90-828, 90-829, 90-833, 90-843 (zweisitziges Ausbildungsflugzeug), 91-302, 91-338, 91-340, 91-342, 91-343, 91-344, 91-351, 91-352, 91-358, 91-360, 91-361, 91-366, 91-388, 91-402, 91-403, 91-407, 91-412, 91-416, 91-417, 91-418, 91-472, 91-481, 92-3918, 96-080, 96-083 …

Die britische Royal Air Force (RAF) stellte ihren Tornado-Einsatz in Syrien (Operation SHADER) am 31. Januar 2019 ein. Die letzten 17 Tornados GR.4 der IX (B) Squadron in Honington und der 31 Squadron in Marham wurden im März 2019 ausgemustert.

Die italienische Aeronautica Militare will ihre 65 Tornado A-200C (Retrofit Enabling Task 8) des Geschwaders Sexto Stormo (Stormo 60) in Ghedi (Lombardei) noch bis 2023 behalten. Dessen Gruppo 1540 "Diavoli Rossi" setzt den Tornado gemäß dem "Stone Axe"-Abkommen als Atomwaffenträger ein.

Noch in den achtziger Jahren hatten allein die US-Streitkräfte in der Bundesrepublik Deutschland rund 5.500 Atomwaffen in rund 130 Special Ammunition Sites (SAS) gelagert. Es handelte sich um eine Vielzahl verschiedener Typen und Modelle - von der Mini-Atommine über Artilleriegranaten, Boden-Boden-Raketen bis hin zu Atombomben und Luft-Boden-Raketen.

Von diesem Bestand ist nach dem Ende des "Kalten Krieges" nicht mehr viel übriggeblieben: Auf dem Fliegerhorst Büchel in der Eifel befindet sich das einzige verbliebene Atomwaffendepot. Theoretisch können hier bis zu 44 Wasserstoffbomben gelagert werden, real sind hier - nach unterschiedlichen Schätzungen - 10 bis 22 H-Bomben der Typen Typ B61-3 oder B61-4 disloziert.

Der Nuklear-Hochsicherheitsbereich wird als "Weapons Storage Area" (WSA) bezeichnet. Es ist die Rede davon, dass die Atomwaffen auf dem Flughafengelände auf drei Standorte verteilt sein sollen. Anders als früher werden nicht mehr alle Bomben in einem einzelnen speziellen Bunker im "Alfer Wald" westlich des Luftstützpunktes gelagert, heutzutage werden die Bomben in elf versenkbaren Materialschächten in den Betonböden der Flugzeughangars wie in einem gepanzerten Fahrstuhlschacht aufbewahrt. Diese Waffenschächte werden als "Weapons Storage Vaults" (WSV) oder "Weapons Storage and Security Systems" (WS3) bezeichnet. Diese "Unterflurmagazine" reichen bis zu 8 Meter tief und werden fernüberwacht. Die Metallkappe des Systems lässt sich nur mit einem bestimmten Code öffnen. Sie bieten gegenüber einem schwer bewaffneten Terrorangriff einen Schutz von circa 30 Minuten. Jedes Magazin kann bis zu vier Bomben aufnehmen, aber nur ein Teil der elf Munitionsschächte mit ihren 44 Bombenpositionen wird tatsächlich genutzt.

Die Atomwaffen befinden sich in Friedenszeiten ausschließlich unter amerikanischer Kontrolle. Zuständig sind die rund 140 GIs der 702 Munitions Support Squadron (702 MUNSS) der US Air Force Europe. (Die Einheit ist dem US-Geschwader auf der Spangdahlem AB zugeordnet. Die US-Soldaten werden in der äußeren Bewachung der Atomwaffen unterstützt durch die 1. und 2. Luftwaffensicherungsstaffel des TaktLwG 33.

Im Februar 2008 kam eine US-Expertengruppe zu der Erkenntnis, dass "die meisten" der Nuklearwaffenlagerstätten in Europa die strengen Sicherheitsanforderungen des US-Verteidigungsministeriums nicht erfüllten. Zwar seien die Bomben - im Prinzip - sicher gelagert, aber dennoch gäbe es Mängel an Zäunen, Beleuchtungen und Gebäuden. Außerdem gäbe es Defizite bei der "Sicherheitskultur" innerhalb der Geschwader, in denen der mögliche Nuklearwaffeneinsatz nur einer von mehreren Kampfaufgaben ist. Weitere Probleme gab es beim Brand- und Blitzschutz, wie die Nuclear Weapons System Safety Group (NWSSG) bereits 1997 konstatierte; man hat zwischenzeitlich versucht, diese Probleme zu lösen. Nicht zuletzt treten bei Atomwaffen auch immer wieder Sicherheitsprobleme auf, die auf die nuklearphysikalische Konstruktion der Bomben zurück zu führen waren und manchmal erst spät entdeckt wurden.

Die Überwachung der Einhaltung der Sicherheitsstandards wird durch die Nuclear Security Inspections überprüft. Die sichere Handhabung der Nuklearwaffen wird in den jährlichen STEADFAST NOON-Exercises. Dabei trainiert die Bodenmannschaft den "Umgang" mit den Atomwaffen: Wie man sie aus den WS3-Schächten herausholt, transportiert und unter die Pylonen der Kampfjets montiert. Außerdem kommt es zu Flugtrainings im Übungsluftraum TRA LAUTER, der in der Region Trier liegt. Manchmal werden Übungsbomben vom Typ 3A und 3E eingesetzt.

Die letzte Nuklearübung fand in Büchel vom 16. bis 20. Oktober 2017 statt. Hinzu kommt das SNOWCAT-Programm (Support of Nuclear Operations With Conventional Air Tactics), an dem auch die europäischen Staaten teilnehmen können, auf deren Territorium keine US-Atomwaffen (mehr) lagern: Dänemark, Griechenland, Norwegen, Polen, Rumänien, Tschechien und Ungarn.

Im April 2018 scheiterte eine Anwohnerin, die gegen die Atomwaffenstationierung vor dem Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe geklagt hatte (Aktenzeichen: 2 BvR 1371/13). Die BVG-Richter nahmen die Klage erst gar nicht zur Entscheidung an.

In den letzten Jahren gab es wiederholt Drohungen von Dschihadisten, die US-Atomwaffenlager in Europa anzugreifen. Beispielsweise publizierte Silvio Steffen Koblitz aus Solingen am 23. Juli 2014 eine dreizehnseitige Schrift "Vom Schläfer zum Dschihadisten". Darin rief er u. a. zu Terroranschlägen auf das US-Atomwaffenlager in Büchel und den US-Fliegerhorst Ramstein als Einsatzzentrale für die amerikanische Drohnen- und Nuklearkriegführung auf:

"Verpasst ihnen einen Schlag, den sie niemals vergessen werden. (…) Tötet von den Ungläubigen wen immer ihr wollt (Männer, Frauen, Greise und Kinder), wie immer ihr wollt (erschießen, erstechen, todkitzeln, erdrosseln, erwürgen, ertränken, vergiften, vergasen, hinabwerfen, herunterstoßen, erschlagen …), wo immer ihr wollt (in Bussen, Zügen, Taxis, Schiffen, Bahnhöfen, Stadien, Museen, Klöstern, Kirchen, Synagogen, Tempeln, Schwimmbädern, Diskotheken, Spielotheken, Bordellen, Kinos, Restaurants, Präsidien, Rathäusern, Ämtern, Stützpunkten, Kasernen, Parkplätzen, Schulen, Kindergärten, Theatern (…), im Verborgenen, geschützt vom Dunkel der Nacht, und leise oder ganz offen bei helllichtem Tag und vor den Augen und Ohren der Menschenmassen.(…) Ich rate jedem, der nach dem Leben im Jenseits strebt, zu tun, was notwendig ist, um diesen Haufen von Dreck auszuräuchern. (…) Drum kommt in unsere Reihen des islamischen Staates. Ein Leben im Gehorsam, voller Ehre und Zufriedenheit und den Schrecken für Kuffar und den Schrecken für Kuffar", forderte Koblitz. Daraufhin wurden die Sicherheitsmaßnahmen rund um das Nuklearwaffenlager erhöht. Seit Mitte 2017 gilt Koblitz als verschollen. Vermutlich wurde er von anderen "IS"-Mitgliedern hingerichtet.

Die Wasserstoffbombe B61 wurde im Januar 1968 bei der US Air Force eingeführt, sie gehört zur Standardbewaffnung amerikanischer Bomber und Jagdbomber. Insgesamt wurden etwa 3.150 Bomben dieses Typs gebaut, derzeit sollen sich noch bis zu 300 Bomben im aktiven Bestand der US-Streitkräfte befinden. Von dem Typ existieren 12 Varianten (B61-0 bis B61-11).

Die verschiedenen Versionen sind einander äußerlich sehr ähnlich. Die Bomben haben eine Länge von etwa 3,60 Meter, der Bombenkörper hat einen Durchmesser von 34 cm und sie wiegen maximal rund 350 Kilogramm. Lediglich die B61-11 hat als "Bunkerbuster" ein etwas abweichendes Aussehen und ist rund 200 kg schwerer als die übrigen Versionen. Die B61-Modelle bestehen aus rund 1.800 Komponenten mit bis zu 6.000 Einzelteilen, die von 9 Hauptauftragnehmern und rund 570 Zulieferern hergestellt wurden. Zu diesen gehören u.a. die Firmen DuPont, Monsanto Chemical Company (jetzt: Bayer), die Y-12 Fabrik in Oak Ridge, die Kansas City Plant und natürlich das Los Alamos National Laboratory (LANL) und das Sandia National Laboratory (SNL) in Albuquerque.

Die Entwicklung der neuen B61-12 begann im September 2008 mit einer entsprechenden Machbarkeitsstudie, um die technologischen Rahmenbedingungen einer Modernisierung zu sondieren. Damit ist die B61-12 die erste Neuentwicklung einer amerikanischen Atomwaffe seit dem Ende des "Kalten Krieges". Sie soll die älteren Varianten ersetzen. Die Flugtest der Prototypen begannen am 1.Juli 2015 und endeten am 9. Juni 2018 auf der Tonopah Test Range in Nevada.

Zu den Bomben heißt es in einer BITS-Studie vom September 2012 (S. 6ff):

Alle Versionen der B61 sind thermonukleare Waffen, in denen ein erster, mit konventionellem Sprengstoff gezündeter atomarer Fissionssprengsatz (Primary) die Energie bereitstellt, um den zweiten, stärkeren Fusionssprengsatz (Secondary) zu zünden, während zusätzlich ein verstärkter Neutronenfluss zum Einsatz kommen kann, der die Explosionswirkung noch einmal verstärkt. (…)

Bei einer thermonuklearen Bombe wie der B61 besteht das Nuclear Explosive Package (NEP oder physics package) aus zwei Komponenten: der Primärsprengsatz, das Primary, ist i. d. R. aus einer Kugel aus Plutonium-239, die von einem Mantel aus konventionellen Sprenglinsen umgeben ist, deren Zündung die Kugel nach dem Implosionsprinzip zu einer überkritischen Masse komprimiert und so eine energiereiche Kettenreaktion auslöst. Diese liefert die Strahlungsenergie, die die Kernfusion im "Secondary", auslöst, in dem Lithium-6-Deuterid und hochangereichertes Uran (sowie Plutonium) zum Einsatz kommen können. Durch die so genannte Interstage wird die freigesetzte Strahlungsenergie vom Primary auf das Secondary geleitet. Interstage und Secondary befinden sich im sogenannten Canned Sub-Assembly (CSA). Um die Kettenreaktion in Gang zu setzen und zu verstärken, kommen einerseits Neutronengeneratoren zum Einsatz, andererseits wird zusätzlich gasförmiges Tritium eingesetzt. (…)

Als konventionellen Sprengstoff verwenden alle noch vorhandenen B61-Modelle inzwischen PBX-9502 (Plastic-Bonded Explosive). Es handelt sich um einen hochbrisanten Sprengstoff, der das Nuklearmaterial in Millisekunden zu einer kritischen Masse verdichtet, der aber zugleich insensitive ist. Das heißt, er reagiert auf äußere Einwirkungen (Schläge, Feuer, etc.) ausgesprochen träge, um eine irrtümliche Auslösung einer Explosion in Folge eines Unfalls zu vermeiden. Sprengstoffe, die beide Eigenschaften zugleich besitzen, bezeichnet man als Insensitive High Explosives (IHE).

Die neue B61-12 ist eine "Allround"-Atombombe mit einer variablen Sprengkraft (0,3 Kilotonnen KT, 1,5 KT, 10 KT und 50 KT), verschiedenen Abwurfhöhen und variablen Zündhöhen. Sie wird darüber hinaus eine größere Treffgenauigkeit von nur noch 30 m CEP (Circular Error Probable) durch eine neue Schwanzsektion von Boeing haben. Der Gefechtskopf wird als "earth penetrator" ausgelegt, der erst ein paar Meter in den Boden eindringt bevor er zeitverzögert detoniert, um so gegnerische Bunkeranlagen zu "knacken". Durch die Verwendung einer neuen Abbremstechnik und eines Zündverzögerungsmechanismus kann die Bombe auch im extremen "laydown"-Tiefflug (15 m-Flughöhe) abgeworfen werden, während für das Trägerflugzeug noch genügend Fluchtzeit bleibt, um nicht von der eigenen Bombe vernichtet zu werden.

Gegen einen nicht-autorisierten Einsatz sind die Waffenstoff-Bomben seit den sechziger Jahren durch ein elektronische Codeschloss gesichert, das Permissive Action Link (PAL). In der BITS-Studie (S. 30) heißt es dazu:

Um die B61-Bomben gegen einen unautorisierten Einsatz zu schützen, ist deren Arming, Fuzing, and Firing System (AF&F) bereits seit langem mit einem elektronischen Codeschloss, dem Permissive Action Link (PAL) ausgestattet. Die strategischen Modelle B61-7 und B61-11 verwenden ein siebenstelliges PAL-System der Kategorie Cat D mit zehn Millionen Wahlmöglichkeiten (0000000 bis 9999999), die taktischen B61-Modelle verfügen sogar über ein zwölfstelliges PAL-System der Kategorie Cat F mit einer Billion Möglichkeiten (000000000000 bis 999999999999). Während des Fluges gibt die Besatzung des Flugzeuges den Code über das Aircraft Monitoring and Control System (AMAC) ein, das die Signale über die Interface Control Unit (ICU) in die Bombe einliest. Seit einer Modernisierungsmaßnahme, die 2003 abgeschlossen wurde, kann der Code jetzt jederzeit verschlüsselt bleiben. Seit etlichen Jahren ist eine weitere Verbesserung des AF&F-Systems in der Diskussion.

Hinzu kommen mehrere Environmental Safety Devices (ESD), die eine Zündung zum Beispiel erst erlauben, wenn bestimmte Parameter (Zeit, Höhe etc.) zutreffen oder eine ausreichende Übereinstimmung zwischen der realen Flugbahn der Bombe mit der im Voraus berechneten gegeben ist. Beim so genannten ENDS-System (Enhanced Nuclear Detonation Safety) sind die elektrischen Komponenten des Zündmechanismus zusätzlich so angebracht, dass eine unbeabsichtigte Zündauslösung nahezu ausgeschlossen ist. Die Sicherheit der Bombe bei (Flug-)Unfällen oder wenn Unbefugte Verfügung über sie erlangen sollten, soll unter allen Umständen gewahrt bleiben.

Am Bau der neuen Bombe sind mehrere Institutionen des militärisch-industriellen Komplexes beteiligt. Im alten "Y-12 National Security Complex" bei Oak Ridge in Tennessee werden die thermonuklearen Komponenten hergestellt. Dafür wird bereits verwendetes, wiederaufbereitetes Nuklearmaterial benutzt. Y12 wird von Consolidated Nuclear Security, LLC - unter Beteiligung von Lockheed Martin und Bechtel - betrieben. Im "Kansas City Plant" in Missouri wird die Steuerungs-Elektronik auf Basis der Joint Direct Attack Munition (JDAM) produziert - wie auch alle weiteren nichtnuklearen Komponenten. Diese Anlage wird vom Honeywell-Konzern betrieben.

In den "Sandia National Laboratories" in New Mexico und Kalifornien wird das wichtigste neue Teil der B61-12 durch Boeing produziert: die beweglichen, kleinen Flügel am Heck (Tail Subassembly [TSA] oder tail fin kit). Die B61-12 wäre die erste Nuklearbombe, die mit einem derartigen Steuerungssystem ausgestattet wird. Sie soll von einer dummen Eisenbombe zu einer möglichst präzisen Lenkwaffe werden. Sie kann damit besser gegen unterirdische und gehärtete Ziele eingesetzt werden. Boeing produziert in den "Sandia National Laboratories" 400 bis 500 Stück dieser Lenkflügel. Programmleiter bei Sandia ist Brad Boswell. Schließlich werden alle Komponenten zur "Pantex-Plant" nach Amarillo (Texas) transportiert und dort zur fertigen Bombe zusammengebaut.

Mit den Prototypen der B61-12 werden seit Oktober 2015 Flug- und Abwurfversuche durchgeführt. Die Bombe und ihre Aufhängung sind so konstruiert, dass sie von mehreren Flugzeugmustern eingesetzt werden kann: B-2A Spirit, B-21 Raider, F-15E Strike Eagle, F-16C/D und F-16 MLU Fighting Falcon, F-35 Lightning II und möglicherweise dem Tornado.

Das Serienmodell der B61-12 sollte ursprünglich 2017/18 fertiggestellt und in Europa disloziert werden. Die Serienproduktion der neuen Wasserstoffbombe wird aber voraussichtlich erst ab März 2020 beginnen. Nachdem die strategische Bomberflotte in den USA auf den neuen Bombentyp umgerüstet sein wird, werden die ersten B61-12 vermutlich erst ab 2024 auch in Büchel stationiert.

Die National Nuclear Security Administration (NNSA) schätzte die Kosten für die Entwicklung der neuen Bombe auf 11,8 Milliarden Dollar. Dies bedeutet eine Verdreifachung der Entwicklungskosten, da diese 2010 noch mit 4 Milliarden Dollar taxiert wurden. Es ist geplant, ab 2020 insgesamt etwa 400 Stück der B61-12 herzustellen. Damit die neue Bombe überhaupt produziert werden kann, müssen an den Standorten der vier beteiligten Labors und Fabriken neue Anlagen errichtet werden. Dies kostet einen weiteren zweistelligen Milliardenbetrag.

Mit dem Austausch der vorhandenen US-Wasserstoffbomben - im Verhältnis von circa 1 : 1,3 - werden nicht nur alte Bomben durch neue ersetzt, sondern durch die technischen Eigenschaften der neuen B61-12 (variable Sprengkraft, laydown-Tiefflug-Abwurf, bunkerbuster und extreme Treffgenauigkeit) ergeben sich für die Militärplaner erweiterte operative Möglichkeiten.

In diesem Zusammenhang forderte Elbridge A. Colby, der bis 2018 Chefstratege im Pentagon war und nun als Director for Defense Plans am Center for a New American Security (CNAS) in Washington arbeitet, "die richtige Strategie und die richtigen Waffen, um einen begrenzten Atomkrieg zu führen und zu gewinnen". Und: "Wir müssen bereit sein, Atomwaffen gezielt einzusetzen. Natürlich kann man die apokalyptische Gefahr solcher Waffen nicht komplett kontrollieren, aber wir sollten zu einem gezielten Einsatz bereit sein."

Als die US-Regierung 2008 mit der Entwicklung der B61-12 begann, stellte sich die Frage, welche europäischen Länder sich an dem Projekt durch den Erwerb eines entsprechenden Trägerflugzeuges beteiligen würden. Während alle anderen europäischen Staaten sich frühzeitig für das US-Modell F-35 entschieden, blieb lange Zeit unklar, ob und wenn ja welches Flugzeug die Bundesluftwaffe erwerben würde, um weiterhin am NATO Nuclear Sharing teilzunehmen. Die diesbezüglichen Überlegungen dauern schon seit mehreren Jahren an.

Anscheinend erwog man möglicherweise eine Zeit lang auch die Beschaffung einer unbemannten MALE-Drohne. So hieß es im Entwurf für die "Militärische Luftfahrtstrategie 2016" vom Dezember 2015 verquastet:

Ein NextGenWS (Waffensystem der nächsten Generation), als zukünftiges komplementäres System zum Waffensystem EUROFIGHTER im Systemverbund FCAS (Future Combat Air System) und in Teilbereichen als möglicher Nachfolger des Waffensystems TORNADO, ist auf die zukünftigen Anforderungen luftgestützter Waffensysteme auszurichten. Dabei sind im Schwerpunkt auch mögliche Optionen zur Abstützung auf Fähigkeiten im Bündnis zu berücksichtigen. Die daraus abzuleitenden Fähigkeitsforderungen sind in einem komplementären Ansatz unter Berücksichtigung des Fähigkeitsaufwuchses für das Waffensystem EUROFIGHTER, der Fähigkeiten der MALE UAS Ziellösung sowie technologischer Entwicklungen, Trends und der Entwicklung des Bedrohungspotenzials zu definieren.

Schließlich entschied das BMVg im Herbst 2017, dass man sich bis Oktober 2018 für einen Flugzeugtyp entscheiden würde. Bis April 2018 konnten von der Flugzeugindustrie entsprechende Angebote abgegeben werden. Tatsächlich traf man erst im Februar 2019 eine Vorauswahl: von den vier ins Auge gefassten Modellen schieden zwei amerikanische Flugzeugtypen aus: die F-15E Strike Eagle und die F-35A Lightning II. Weiter im Wettbewerb sind der europäische Eurofighter und die amerikanische F/A-18 Super Hornet. Somit wurde die drängende Entscheidung - wieder einmal - vertagt.

Nun ist man unter Zeitdruck, ein Nachfolgemodell zu beschaffen, in dem man allein auf die fragwürdigen Angebote der Industrie mit ihren bereits vorhandenen Modellen zurückgreifen kann. Dabei hatte es noch im Koalitionsvertrag der aktuellen Regierung geheißen: "Die Bundeswehr beschafft, was sie braucht, und nicht, was ihr angeboten wird." Nun muss sich das BMVg doch mit dem begnügen, was der Rüstungsmarkt hergibt. Dazu wandte sich das Ministerium an die Eurofighter Jagdflugzeug GmbH in Hallbergmoos bzw. die US Defense Security Cooperation Agency (DSCA) in Washington.

Nach dem Vorentscheid hat nun das Bundesamt für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr (BAAINBw) von Boeing und von Airbus einen Request for Information (RFI) abgegeben, um weitergehende Informationen zum Betrieb, zu Kosten und zu möglichen Lieferzeiten zu erhalten.

Zwei Modelle sind noch als Tornado-Nachfolger im Rennen: Der europäische Eurofighter und die amerikanische F/A-18 Hornet. Der Staatssekretär Thomas Silberhorn erklärte dazu, es gelte "die beiden Waffensysteme Eurofighter und F/A-18 im Weiteren als Lösungsoptionen zu untersuchen". Aus der deutschen Luftwaffe war zuletzt deutlich geworden, dass man der Super Hornet zugeneigt ist. Möglicherweise wird sich die Luftwaffenführung für einen Waffenmix aus beiden Typen entscheiden, dazu gibt es zwei Optionen: Entweder man könnte die F/A-18 als künftige Atomwaffenträger nutzen und den Eurofighter auch für Aufklärung, elektronische Kampfführung und als Marinejagdbomber einsetzen, oder man nutzt die Super Hornets für Aufklärung, elektronische Kriegsführung und die Marineflieger und lässt den Eurofighter zusätzlich für die Atomwaffenrolle zertifizieren.

Die amtierende US-Regierung wird aufgrund ihrer "America First"-Politik einen Verkauf des amerikanischen Modells an die Bundesluftwaffe anstreben, sollte die Bundesregierung dem Rechnung tragen, wären die Amerikaner im Gegenzug möglicherweise bereit, einer Umrüstung des europäischen Eurofighter zu einem Trägersystem für die US-Atomwaffen zuzustimmen. Dazu muss das Flugzeugmodell durch die US-Behörden entsprechend lizensiert werden.

Marcus Faber (FDP), Mitglied im Verteidigungsausschuss des Bundestages, sieht die Beschaffung eines atomaren Eurofighter eher skeptisch:

Die zweite Option ist der Umbau des Eurofighters. Die Franzosen würden mit Airbus hiervon gerne industriepolitisch profitieren und die Amerikaner aus dem Markt halten. Aber auch das ist allenfalls eine Teillösung. Der Eurofighter ist ein wendiges Jagdflugzeug - und kann nicht einfach für Atomwaffen umgebaut werden. Zudem wird auch er viel zu schnell von feindlichem Radar entdeckt. Ob unsere amerikanischen Verbündeten ihn überhaupt als Träger ihrer Atomwaffen zertifizieren würden, ist völlig offen, im Zweifelsfall wollen sie der Bundeswehr lieber Modelle ihrer eigenen Rüstungskonzerne verkaufen.

Der Eurofighter hat bei einer Länge von 15,96 m eine Spannweite von 10,95 m. Seine Höchstgeschwindigkeit liegt bei Mach 2,35. Der Eurofighter ist kein Jagdbomber und erst recht kein Nuklearwaffenträger, sondern ein Jagdflugzeug. Während der Tornado 14.490 kg (Treibstoff und Munition) zuladen kann, sind es bei Eurofighter "nur" 12.500 kg. In der Ausführung für die Bundesluftwaffe verfügt er über verschiedene Luft-Luft-Jagdraketen (AIM-9L Sidewinder, AMRAAM, etc.) und soll in Zukunft mit einem Nachfolgemodell für die Rakete HARM zu Bekämpfung gegnerischer Radaranlagen ausgerüstet werden.

Zur Bekämpfung von Bodenzielen verfügt der Eurofighter bisher nur über die Lenkbombe GBU-48 AWX kR, was im September 2017 in Schweden erstmals getestet wurde. In Zukunft kommen weitere Luft-Boden-Waffensysteme hinzu: die Abstandswaffe Taurus KEPD 350 und die Lenkbombe GBU-54 werden vom Tornado übernommen. Hinzu kommt ab 2019 auch die Panzerabwehrwaffe Brimstone II.

Am 8. Oktober 1997 fasste das Bundeskabinett den Beschluss, 180 Maschinen zu beschaffen, diese Entscheidung wurde 2011 durch das BMVg nach unten revidiert und so will die Bundesluftwaffe insgesamt "nur" 140 Exemplare kaufen. So wollte man auf die 37 Eurofighter der Tranche 3B ganz verzichten, um so etwa 3 Mrd. Euro einzusparen. Außerdem wurde die Beschaffung der (übrigen) Maschinen "gestreckt", d. h., aufgrund der technischen Probleme verzögerte sich die Auslieferung des Eurofighter um "153 Monate", dadurch verteuerte sich das Beschaffungsprogramm um 6.763 Millionen Euro (= 38 Prozent), wie es im "8. Bericht des Bundesministeriums der Verteidigung zu Rüstungsangelegenheiten" vom Dezember 2018 hieß.

Bis zum 26. Juni 2018 wurden 132 Maschinen ausgeliefert, allerdings gibt es derzeit "nur" etwa 120 Piloten. Die Ausbildung eines Eurofighter-Piloten kostet rund 5 Millionen Euro. Aber aufgrund der Bundeswehrmisere verlassen immer wieder Eurofighter-Piloten die Bundeswehr, allein in diesem Jahr bereits 7 Mann. Eine Flugstunde mit dem Jet kostet etwa 73.992 Euro (Stand: 2009!).

Das BMVg stellte in seinem "8. Bericht des Bundesministeriums der Verteidigung zu Rüstungsangelegenheiten" vom Dezember 2018 fest:

Das Waffensystem EUROFIGHTER ist der wesentliche Fähigkeitsträger der Luftwaffe im Bereich der luftgestützten Luftverteidigung sowie der Luftangriffsfähigkeit. Der EUROFIGHTER ist eine wesentliche Säule innerhalb des Future Combat Air System (FCAS). Luftfahrzeuge der Tranche 1 sind beginnend ab 2019 von technischen Obsoleszenzen betroffen, die die Verfügbarkeit dieser Lfz reduzieren werden und sich somit qualitativ und quantitativ auf die derzeit geplante nationale und der NATO angezeigten Fähigkeitsgestellung auswirken können. (…)

Nach Beendigung der Produktion und Auslieferung des EUROFIGHTER für die Luftwaffe 2019 wird der Schwerpunkt im Bereich Nutzung und Nutzungsunterstützung liegen. Um die industriellen Betreuungsfähigkeiten bis zum Ende der Nutzungsdauer des Waffensystems zu erhalten sowie dessen kontinuierliche Anpassung an zukünftige Fähigkeitsforderungen zu gewährleisten, werden im viernationalen Kooperationsprogramm schon heute gemeinsame Weiterentwicklungspakete ausgeplant. Entlang der "Gesamtstrategie EUROFIGHTER" bringt Deutschland seine Forderungen in diese Programme ein.

Die ältesten Exemplare des Eurofighter, die aus der so genannten Tranche 1, sind mittlerweile 16 Jahre alt, daher plant das BMVg, diese Flugzeuge in den nächsten Jahren durch 33 modernere Jets der Tranche 4 zu ersetzen. Diese sind u. a. mit einem scannenden Radargerät E-CAPTOR ausgestattet.

Nach dem "Bericht zur materiellen Einsatzbereitschaft der Hauptwaffensysteme der Bundeswehr 2017" des BMVg vom 26. Februar 2018 standen 2017 von damals insgesamt 128 Eurofighter 81 grundsätzlich zur Verfügung. Von diesen wiederum konnte sie einen durchschnittlichen "Klarstand" von 39 Maschinen tatsächlich für Ausbildung und einen Einsatz mit Waffenattrappen nutzen, was einer Einsatzbereitschaft von etwa 48 Prozent entspreche.

Allerdings ist selbst diese amtliche Bundeswehr-Rechnung noch getürkt: Tatsächlich waren zeitweise nur vier Eurofighter kampfbereit, da aus dem Selbstschutzsystem Praetorian Defensive Aid Sub-System (DASS) Kühlflüssigkeit austrat und die Bundeswehr nicht über mehr Munition verfügte. Ein Ersatzteil für das Kühlsystem konnte die Industrie 2018 nicht liefern, weil der Hersteller verkauft worden war. Dies ist besonders ärgerlich, da der Eurofighter als Jagdflugzeug bei einer "Suspected RENEGATE"-Luftraumverletzung aufsteigen muss, um den potentiellen Eindringling abzufangen und gegebenenfalls abzuschießen. Im Durchschnitt startet eine Alarmrotte aus zwei Eurofightern jedes Jahr zehn bis zwanzig Mal zu einem solchen "Alpha Scramble"-Einsatz. Die Einsatzführung liegt beim Nationalen Lage- und Führungszentrums Sicherheit im Luftraum (NLFZ SiLuRa) (Codename QUARTERBACK) auf dem Paulsberg in Uedem (Nordrhein-Westfalen). Die Abfangeinsätze dauern i. d. R. 45 bis 60 Minuten.

Mit dem Eurofighter sind vier Taktische Luftwaffengeschwader (TaktLwG) ausgestattet: - TaktLwG 31 "Boelcke" in Nörvenich/Kerpen, - TaktLwG 71 "Richthofen" in Wittmund (vormals: Taktische Luftwaffengruppe 71 - TaktLwGrp "R"), - TaktLwG 73 "Steinhoff" in Laage bei Rostock, - TaktLwG 74 in Neuburg an der Donau.

In diesem Zusammenhang sei daran erinnert, dass der Fliegerhorst in Büchel gerade als Ausweichlandeplatz zur Aufnahme von Eurofighter hergerichtet wird.

Die F/A-18 Hornet wurde von McDonnell Douglas (seit 1997 zu Boeing gehörig) produziert. Es ist das Standard-Kampfflugzeug an Bord der Flugzeugträger der US Navy. Es gibt mehrere Versionen (A/B/C/D/E/F/G) und noch mehr Varianten. Seit den siebziger Jahren wurden 531 Exemplare produziert. Die erste F/A-18E Super Hornet wurde am 24. Juli 2002 an Bord des Flugzeugträgers CVN-72 USS Abraham Lincoln (Nimitz-Klasse) in Dienst gestellt; die erste EA-18G Growler wurde am 17. Februar 2011 eingeführt.

Während eine modernisierte F/A-18E/F Super Hornet (Advanced) den Jagdbomber Tornado IDS ablösen könnte, könnte die EA-18G Growler, eine Eloka-Version, zugleich den Tornado ECR ablösen. Die Rede ist von 40 bis 50 Flugzeugen. Eine frühere Version der Hornet, die F/A-18C/D, diente bereits als Atomwaffenträger für die Wasserstoffbomben B57, B61 oder B83. Die letzte F/A-18C/D wurde am 1. Februar 2019 ausgemustert.

Die Bundesluftwaffe überlegt, bis zu 45 Maschinen zu erwerben. (Dies würde sicherlich den amtierenden US-Verteidigungsminister Patrick M. Shanahan sehr "erfreuen", schließlich war der vor seiner Ernennung langjähriger Manager bei Boeing, zuletzt als "Senior Vice-President, Supply Chain & Operations".

Die F-15 Eagle wurde weit 1974 von McDonnell Douglas (jetzt: Boeing) produziert. Die Gesamtzahl der verschiedenen Exemplare beläuft sich auf über 1.600 Stück (Stand: Juli 2008). Während die ursprünglichen Versionen F-15A/C als Luftüberlegenheitsjäger ausgelegt waren, ist die Version F-15E Strike Eagle ein Jagdbomber, der auch mit Wasserstoffbomben B61-3, B61-4 und bald auch mit B61-12 ausgerüstet werden kann. Der Strike Eagle absolvierte am 11. Dezember 1986 seinen Erstflug und wurde ab dem 12. April 1988 bei der US Air Force eingeführt. Insgesamt beschaffte die US-Luftwaffe allein 237 Maschinen dieser Version. Die Flugzeuge wurden mehrfach modernisiert. Eigentlich sollen die F-15E zum Ende dieses Jahrzehnts ausgemustert werden, aber da sich die Einführung des Nachfolgemodells F-35A verzögerte, wurden die Strike Eagle in den letzten Jahren einem "Lebensverlängerungsprogramm" unterzogen.

Derzeit verfügt die US-Luftwaffe über 10 Kampfstaffeln mit F-15E. Der Einsatzstand ist mit 75 Prozent für die US Air Force ungewöhnlich hoch. Gegenwärtig befindet sich noch die Exportversion F-15S für Saudi-Arabien in der Produktion. Warum die F-15E von der Bundesluftwaffe nicht akzeptiert wurde, ist öffentlich nicht bekannt.

Die F-35 Lightning II ist ein Stealth-Kampfflugzeug der 5. Generation für die US Air Force (F-35A), das Marine Corps (F-35B) und die US Naval Aviation (F-35C). Die ursprüngliche Planung sah vor, dass die US-Streitkräfte mindestens 2443 Maschinen beschaffen; davon sollte die US-Air Force 1.763 Flugzeuge übernehmen, die restlichen 680 Maschinen verteilten sich auf die Marine und das Marinecorps. Die USAF hat zwischen 2015 und Ende 2018 bereits 155 Maschinen übernommen und damit u. a. neun Kampfstaffeln in den USA ausgerüstet.

Die F-35A Block 4B kann zwei B61-12 in einem internen Bombenschacht mitführen. Eigentlich wollte das Pentagon schon 2017 mit der Integration der Atombombe B61-12 beginnen, durch die Verzögerungen bei der Entwicklung dieses Trägerflugzeuges wird nun erst ab 2024 mit der Atombewaffnung begonnen. Alle anderen europäische Staaten außer Deutschland haben das Flugzeugmuster als Atomwaffenträger ausgewählt: Großbritannien, Niederlande, Belgien, Italien und die Türkei (und eventuell auch Israel).

Allerdings teilt die F-35 das "Schicksal" vieler anderen Kampfjets: Allein ihre Entwicklung hat über 55 Milliarden Dollar verschlungen, hinzu kommen noch die Beschaffungskosten in Höhe von - je nach Variante - gegenwärtig 89 bis 115 Millionen Dollar pro Stück. Die Gesamtkosten über den gesamten Nutzungszeitraum bis 2070 werden gegenwärtig auf voraussichtlich 1,508 Billionen Dollar taxiert. Aber wie viele F-35 tatsächlich zu welchem Preis beschafft werden, ist bis heute unklar, zumal die Beschaffung rund 10 Jahre hinter dem ursprünglichen Zeitplan hinterherhingt und mit weiteren Kostensteigerungen zu rechnen ist.

Auch was ihre technische Leistungsfähigkeit anbelangt, blieb der Flugzeugtyp hinter den Versprechungen des Herstellers zurück. Bemängelt werden u. a. die zu geringe Reichweite aufgrund einer begrenzten Treibstoffmenge, die zu geringe Waffenlast und die schlechte Sicht des Piloten nach hinten. Außerdem gab es Probleme mit dem Tanksystem, die dazu führten, dass die gesamte F-35-Flotte im Oktober 2018 für ein oder zwei Tage stillgelegt wurde. Gerademal die Hälfte der hypermodernen Jets gilt als einsatzfähig. Hinzu kommt, dass die F-35 im Unterhalt sehr teuer ist. Nicht zuletzt wird von europäischer Seite aus industriepolitischen Gründen der Bau eines europäischen Modells angestrebt.

Ursprünglich hatte die Generalität der Bundesluftwaffe die Beschaffung eines solchen Flugzeuges ins Auge gefasst, so etwa der damalige Luftwaffeninspekteur General Karl Müllner. Aufgrund seiner Prioritätensetzung bei der Flugzeugwahl wurde Müllner Ende Mai 2018 von der Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen in den Ruhestand versetzt. Sein Nachfolger wurde Generalmajor Ingo Gerhartz, der bis dato Stellvertretender Abteilungsleiter Strategie und Einsatz im BMVg war. Mittlerweile hat sich die neue Luftwaffenführung von dem favorisierten Tarnkappen-Jet verabschiedet. Ein namentlich nicht genannter Offizier der Bundeswehr kritisierte den Verzicht auf die F-35:

Die F-35 ist rausgeflogen, weil das Airbus so wollte. Diese Entscheidung reiht sich nahtlos in all die lächerlichen, industriepolitischen Entscheide in Deutschland gegen die Bundeswehr und für den durchgefüttert-gemästeten Airbus-Monopolisten. Dass man sich nicht die F-35 ins Boot holt, hat nur einen Grund: Airbus kann diese Maschine auch in Zukunft nicht ansatzweise mit eigener Technologie toppen. Sie sind bezüglich Stealth-Technologie nur Theoretiker und würden im direkten Vergleich immer uralt aussehen. Airbus ist ein guter, aber limierter Zellenbauer, der im weltweiten Vergleich schlicht kein oder zuwenig Know-How auf Topniveau hat. Da kann man die böse Trump'sche Konkurrenz nur aussen vorhalten, ohne das Gesicht zu verlieren.

Während sich die Bundesluftwaffe bei der Auswahl eines Tornado-Nachfolgers viel Zeit gelassen und erst im Februar 2019 eine Vorauswahl getroffen hat, ist man bereits vorher, im April 2018, mit Frankreich eine erste Vereinbarung über die Entwicklung eines Nachfolgers für den Nachfolger eingegangen: "Future Combat Air System" (FCAS) bzw. "Système de combat aérien du futur" (SCAF). Manchmal ist auch die Rede vom "Next Generation Fighter" (NGF) oder vom "Next Generation Weapons System" (NGWS).

Beim FCAS/SCAF handelte es sich ursprünglich um ein britisch-französisches Gemeinschaftsprojekt, das 2014 begann. Allerdings entschieden sich die Briten 2018 anders und entwickeln zur Zeit das System Tempest im Rahmen des Programms Future Combat Air System Technology Initiative (FCAS-TI). Bis 2025 will die britische Regierung 2 Milliarden Pfund in die Entwicklung von Tempest durch den Hauptauftragnehmer BAE investieren. Dann wird entschieden, ob das System tatsächlich gebaut wird. Sollte dies der Fall sein, soll das Kampfflugzeug dann ab 2035 zur Verfügung stehen. Wie die Briten gleichzeitig die Beschaffung von F-35 und Tempest und neuen Langstrecken-Drohnen (Protector RG1) finanzieren wollen, sei dahingestellt.

Jedenfalls führte die britische Entscheidung dazu, dass das britisch-französische Projekt 2018 eingestellt bzw. nun als deutsch-französisches Projekt fortgeführt wird. Im Rahmen ihrer Rüstungskooperation haben sich Deutschland und Frankreich zusammengetan, um gemeinsam ein neues Kampfflugzeug zu entwickeln und sich die Kosten dafür zu teilen. Industriepolitische Leitlinie auf deutscher Seite ist die Militärische Luftfahrtstrategie von 2016. Am 13. Juli 2017 sprach sich der deutsch-französische Ministerrat (DFMR) für die Entwicklung und Beschaffung eines gemeinsamen Kampfflugzeuges aus.

Nicht nur für den Tornado muss längerfristig ein Nachfolgemodell angeschafft werden. Während die deutsche Bundesluftwaffe einen Nachfolger für ihren Eurofighter sucht, ist die französische Armée de l'Air auf der Suche nach einem Ersatz für ihren derzeitigen Jagdbomber Rafále. Die Rafále war entwickelt worden, nachdem Frankreich im August 1985 aus dem Eurofighter-Programm (damals noch "Jäger 90") ausgestiegen war.

Nach der Ausmusterung der letzten 15 Dassault Mirage 2000NK3-2R (Nucléaire) und ihren atomaren Marschflugkörpern Air-Sol Moyenne Portée - Amélioré (ASMP-A) bei der Escadron de Chasse 2/4 "La Fayette" in Istres am 26. Juni 2018, sind die Rafalé derzeit der französische Atombombenträger. Schätzungsweise zwei Dutzend Rafále Biplace (F3 Standard) sind bei den beiden Staffeln Escadron de Chasse 1/91 "Gascogne" und Escadron de Chasse 2/04 "La Fayette" der Luftwaffe auf der Base aérienne 113 in Saint-Dizier disloziert. Sie werden durch die Rafále Marine der Aéronavale auf der Base d'aéronautique navale Landivisiau bzw. an Bord des Flugzeugträgers R91 Charles de Gaulle in der Nuklearrolle ergänzt. Wie viele der insgesamt 42 Rafále M als Träger für die ASMP-A ausgestattet sind, ist hier nicht bekannt.

Am 26. April 2018 unterzeichneten die Generäle Erhard Bühler und André Lamata auf der Internationalen Luftfahrausstellung in Berlin eine gemeinsame geheime Fähigkeitsanforderung (High Level Common Operational Requirements Document - HL CORD) für ein Kampfflugzeug der so genannten 6. Generation. Am 19. Juni 2018 vereinbarten die beiden VerteidigungsministerInnen Ursula von der Leyen und Florence Parly eine weitere Absichtserklärung.

Am 22. Januar 2019 unterzeichneten beide Staaten in Aachen einen Vertrag über militärische Zusammenarbeit, in dem es allgemein heißt: "Beide Staaten (…) intensivieren die Erarbeitung gemeinsamer Verteidigungsprogramme und deren Ausweitung auf Partner. Hierdurch beabsichtigen sie, die Wettbewerbsfähigkeit und Konsolidierung der europäischen verteidigungstechnologischen und -industriellen Basis zu fördern. Sie unterstützen die engstmögliche Zusammenarbeit zwischen ihren Verteidigungsindustrien."

Am 31. Januar 2019 wurde ein erster Entwicklungsauftrag in Höhe von 65 Millionen Euro für eine zweijährige FCAS-Konzeptstudie bewilligt. Am 6. Februar 2019 vereinbarten Dassault und Airbus eine entsprechende Joint Concept Study (JCS). Die Federführung für den Entwurf für das neue Stealth-Flugzeug liegt bei Dassault Aviation S. A. (Paris), während Airbus Defence & Space (Taufkirchen) die Systemintegration bearbeitet. Das ADVENT-Vielseitigkeitstriebwerk soll vom französischen Hersteller Safran Aircraft Engines und der deutschen MTU Aero Engines gemeinsam entwickelt werden, allein hierfür werden in den nächsten Jahren 7 Milliarden Euro veranschlagt. Die Einsatzfähigkeit wird für 2040 angestrebt.

Die bisherigen Projektskizzen zeigen einen zweisitzigen Deltaflügler mit oder ohne Seitenleitwerk. Das Waffensystem soll über eine umfangreiche Kommunikationsanlage und Rechenkapazität verfügen und Fähigkeiten zur Cyberwar-Kriegführung besitzen. Zur Bewaffnung werden auch Drohnen gehören. Ein hypermoderner Jet für das "Future Operating Environment 2014+". Der Erstflug des Demo-Prototypen wird für 2025 angepeilt.

Allein die Entwicklungskosten werden derzeit auf mindestens 80 Milliarden Euro geschätzt. Die Industrievertreter gaben sich angesichts der einzusackenden Milliarden hoch erfreut. So sagte Dirk Hoke, CEO von Airbus Defense & Space: "Wir wenden uns nun mit vollem Tatendrang der Konzeptarbeit für dieses zukunftsweisende System zu und sind dankbar für das entgegengebrachte Vertrauen in unsere Unternehmen." In ähnlicher Weise erklärte die Industrielobby, der Bundesverband der Deutschen Luft- und Raumfahrindustrie e. V. (BDLI) mit Sitz in Berlin:

Die deutsche militärische Luft- und Raumfahrt ist auch für die Durchführung dieses zukunftsweisenden Verteidigungsprogramms exzellent aufgestellt. Dies gilt sowohl für Entwicklungs- und Fertigungskompetenzen, die die Branche über Jahrzehnte hinweg entwickelt hat, als auch für die industrielle Basis mit ihrem breiten Spektrum an Systemhäusern, Klein- und Mittelständischen Unternehmen sowie an international renommierten Forschungsinstituten. Darüber hinaus verfügt die deutsche Luft- und Raumfahrtindustrie über umfangreiche Erfahrung bei der Durchführung großer nationaler und internationaler Kooperationsprojekte.

Auch Spanien möchte sich an dem Projekt beteiligen und veröffentlichte am 14. Februar 2019 einen entsprechenden Letter of Intent (LoI). Belgien will sich mit 369 Millionen Euro beteiligen.

Egal für welches Flugzeugmodell sich die Generalität bzw. der Bundestag entscheidet, die US-Regierung muss dieser Wahl zustimmen, da sie die Atombewaffnung stellt. Dazu müssen die Flugzeuge mit der entsprechenden Kommunikationstechnik und der notwendigen Waffenauslösesicherheitstechnologie ausgerüstet werden. So sind alle US-Atomwaffen mit einem elektronischen Codeschloss gegen eine irrtümliche Zündung gesichert - den Permissive Action Link (PAL).

Damit kann die US-Regierung zwar nicht über die Flugzeugauswahl der Bundeswehr bestimmen, sie hat aber quasi ein Vetorecht: Wenn die US-Behörden einen ausländischen Flugzeugtyp nicht zum Atomwaffenträger umrüsten wollen, dann ist diese Entscheidung unumstößlich. Angesichts der industriepolitischen "America First"-Politik von US-Präsident Donald Trump ist dies nicht mehr nur eine theoretische Möglichkeit. In dem Fall müsste die Bundesregierung eine begrenzte Zahl an F-35 kaufen, um die Amis gnädig zu stimmen oder auf eine Atombewaffnung der Bundeswehr vollständig verzichten.

Eine mögliche Lösung wäre folgender "Deal": Um zu verhindern, dass die US-Regierung eine Nuklear-Zertifizierung des Eurofighter aus industriepolitischen Motiven hinauszögert, könnte man den Kauf der F/A-18 von einer schriftlichen Zusage der US-Regierung abhängig machen, dass der Eurofighter bis 2025 zertifiziert wird. Erfolgt dies nicht, könnte Deutschland vom Kauf der F/A-18 zurücktreten oder einen Teil des Preises zurückhalten, bis die Zertifizierung erfolgt ist. Oder man vereinbart, dass eben die F/A-18 bereits zertifiziert geliefert werden, weil man diese für diese Nato-Atomrolle haben will.

Es stellt sich die Frage, ob ein eigenes Flugzeugmodell extra beschafft werden muss, nur um 10 bis 25 Atombomben einsetzen zu können. Eigentlich wollte die US Air Force die Bomben schon vor Jahren abziehen, um Kosten zu sparen; aber es waren die europäischen Politiker, die an einer Atomwaffenstationierung festhielten. Die Herren Politiker versuchten dies damit zu rechtfertigten, dass sie nur dann Einfluss auf die amerikanische Atomwaffeneinsatzpolitik innerhalb der NATO haben würden, wenn auf eigenem Territorium die Amerikaner Nuklearbomben stationieren dürften.

Die bilateralen Regelungen, wonach die USA die Atombomben und die europäischen Stationierungsländer die Atombombenträgerflugzeuge stellen, wird als "NATO Nuclear Sharing" bezeichnet. Aber die von den Politikern vorgebrachte Einschätzung ist nachweislich falsch, da mit Kanada ein NATO-Staat an der Atompolitik des Bündnisses teilnimmt, der selbst atomwaffenfrei ist. Außerdem haben die politischen Absprachen innerhalb der Nuclear Planning Group (NPG) oder der High Level Group (HLG) der NATO keinen nachweisbaren Einfluss auf die US-Operationsführung in Kriegszeiten. Schon seit Gründung der NATO war das "Zielgebiet" Sowjetunion/Russland die ausschließliche operative Domäne der US-Regierung, ob sich dies seit dem Ende des "Kalten Krieges" geändert hat, ist nicht bekannt.

Lediglich die deutschen Tornado-Piloten können - theoretisch und in begrenztem Umfang - ihren persönlichen Einfluss ausüben, indem sie Befehle ignorieren oder auf eigene Faust handeln könnten - ein sensibles Non-Thema innerhalb der Allianz.

Da die Atombomben in Büchel sowohl von deutschen als auch amerikanischen Soldaten bewacht werden und sowohl von deutschen als auch amerikanischen Flugzeugen abgeworfen werden können, ergeben sich folgende Szenarien:

Nur wenn die deutsche und die amerikanische Bewachungsmannschaft gleichzeitig einem Atomwaffeneinsatz zustimmen und mindestens eine deutsche oder amerikanische Kampfstaffel einem Atomschlag zustimmt, kommt es zum Nuklearwaffeneinsatz.

Mitte der fünfziger Jahre wurden auf Seiten der USA Zwischenfälle diskutiert, bei denen eine deutsche Bewachungsmannschaft eine US-Bewachungsmannschaft angreifen könnte, um sich die Nuklearwaffen für einen atomaren Alleingang oder einen Nuklearputsch anzueignen. Mit der Einführung der amerikanischen PAL-Codesysteme ist dieses Szenario seit den sechziger Jahren obsolet. Die deutsche Bewachungsmannschaft könnte mit den US-Atomwaffen keinen Alleingang mehr inszenieren; sie könnte bestenfalls einen amerikanischen Einsatzbefehl sabotieren, indem sie die Herausgabe der US-Atomwaffen verweigert und sich dabei gegebenenfalls mit Waffengewalt gegen die US-MUNSS durchsetzt. Theoretisch ist aber auch denkbar, dass ein Atomangriff vom deutschen Territorium ausgeht, ohne dass die Bundesregierung dem explizit zugestimmt hat. Aber solche Szenarien werden von offizieller Seite ungern öffentlich diskutiert.

Insgesamt hat die US Air Force noch circa 150 bis 200 Wasserstoffbomben in sechs Staaten gelagert: Fliegerhorst Büchel (BRD), Volkel (Niederlande), Kleine Brogel (Belgien), Aviano und Ghedi-Torre (Italien) und Incirlik (Türkei, ohne Trägerflugzeuge).

Mehrere deutsche Politiker aller Parteien haben in den letzten Jahren wortreich, aber unverbindlich für den Abzug der letzten US-Atombomben aus Deutschland plädiert. Passiert ist nichts. Seit 2005 scheiterte dies am Widerstand der Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und ihres langjährigen "Sicherheitsberaters" Dr. Christoph Heusgen, der heute die BRD bei den Vereinten Nationen vertritt.

Schon im Koalitionsvertrag der schwarz-gelben Koalition vom 26. Oktober 2009 wurde ein Abzug der Bomben auf Initiative des damaligen Bundesaußenministers Guido Westerwelle (FDP) gefordert:

Wir werden uns dafür einsetzen, den Abschluss neuer Abrüstungs- und Rüstungskontrollabkommen international zu unterstützen. Die Überprüfungskonferenz zum Nuklearwaffensperrvertrag im Jahre 2010 wollen wir dafür nutzen, um eine neue Dynamik für vertragsbasierte Regelungen in Gang zu setzen.

In diesem Zusammenhang sowie im Zuge der Ausarbeitung eines strategischen Konzeptes der NATO werden wir uns im Bündnis sowie gegenüber den amerikanischen Verbündeten dafür einsetzen, dass die in Deutschland verbliebenen Atomwaffen abgezogen werden. Mit dem Ziel des Erhalts der Vereinbarungen des KSE-Regimes, einschließlich einer Rückkehr Russlands in das Vertragsregime, sind wir unsererseits zu einer Ratifizierung des A-KSE-Vertrages bereit.

Im Koalitionsvertrag der derzeit regierenden Großen Koalition vom 14. März 2018 heißt es:

Ziel unserer Politik ist eine nuklearwaffenfreie Welt. Wir unterstützen daher regionale Initiativen für Zonen, die frei von Massenvernichtungswaffen sind. Wir setzen auf die Einhaltung und einen stetigen und verantwortlichen Ausbau der Nichtverbreitungs- und Kontrollregime.

Im nuklearen Bereich setzen wir uns für die strikte Einhaltung des INF-Vertrages (Intermediate Range Nuclear Forces) ein. Eine vollständige Überprüfbarkeit ist essenziell. Ein russischer Vertragsbruch, für den es begründete Sorgen gibt, hätte erhebliche Auswirkungen, weil derartige Waffen jedes Ziel in Europa erreichen könnten.

Solange Kernwaffen als Instrument der Abschreckung im Strategischen Konzept der NATO eine Rolle spielen, hat Deutschland ein Interesse daran, an den strategischen Diskussionen und Planungsprozessen teilzuhaben. Erfolgreiche Abrüstungsgespräche schaffen die Voraussetzung für einen Abzug der in Deutschland und Europa stationierten taktischen Nuklearwaffen.

Angesichts der Ausrüstungsprobleme und Bereitschaftsprobleme der Bundeswehr könnte man meinen, dass sich die Bundeswehr auf die Bewältigung der Defizite bei ihren konventionellen Hauptwaffensystemen konzentrieren sollte, statt nun auch noch einen neuen Atomwaffenträger für einen Milliardenbetrag anzuschaffen, der dann - wie die konventionell bewaffneten Maschinen der Bundesluftwaffe - auch bloß blöd in der Garage rumsteht und verrostet. Ein atomares Trägersystem, das nicht einsatzfähig ist, ist auch bloß eine unnütze Metallkonstruktion, die bestenfalls vor sich hin strahlt.

Die Friedens- und Anti-Atombewegung führt seit Jahren Demonstrationen gegen die Stationierung der Atomwaffen vor den Kasernentoren durch und veranstaltet dazu regelmäßig ein Sommercamp auf der "Friedenswiese" vor dem Haupttor. In diesem Jahr findet das "International Action Camp" vom 8. bis 18. Juli statt.

Gelegentlich dringen Friedensaktivisten in den Fliegerhorst ein, um irgendwelche Hangars mit Graffitis zu "verzieren" und Lieder zu singen. So konnten im Juli 2018 fünf oder sechs Friedensaktivisten insgesamt zweimal in den Luftwaffenstützpunkt eindringen, ihnen drohte daraufhin ein Strafverfahren wegen Sachbeschädigung und "gefährlichen Eingriffs in den Luftverkehr". Am 12. Dezember 2018 wurden die Atomkriegsgegner vom Amtsgericht in Cochem zu einer Geldstrafe verurteilt.

Schon vorher, im Sommer 2017, war der Friedensaktivist Gerd Büntzly aus Herford mit vier US-Amerikanern (u. a. Susan Crane und John LaForge) bei einem "Go-In" auf den Fliegerhorst eingedrungen: Bei ihrer Aktion hielten sich die fünf Atomgegner mehr als eine Stunde auf dem Dach eines Atombomben-Bunkers im Hochsicherheitsbereich auf. Als zwei Teilnehmer herabkletterten und das Wort "Disarm" (Abrüsten) auf das Stahltor schrieben, wurden sie von Bewegungsmeldern erfasst - und von Wachsoldaten in Gewahrsam genommen. Dafür verurteilte ihn das Amtsgericht Cochem im Januar 2018 zu einer Geldstrafe von 1200 Euro.

Am 16. Januar 2019 kam es zur Berufungsverhandlung vor Landgericht Koblenz unter dem Vorsitzenden Richter Martin Junker. Das Gericht verurteilte Büntzly zu einer abgemilderten Geldstrafe in Höhe von 750 Euro. Das Gericht warf dem Friedensaktivisten ausgerechnet Hausfriedensbruch vor. Immerhin ließ der Vorsitzende Richter wissen, er habe "ein gewisses Verständnis" für den Angeklagten und seine Beweggründe.

Die nächste Berufungsverhandlung in Sachen Büchel findet vor dem Landgericht Koblenz am 10. April 2019 statt. Die vier FriedensaktivistInnen von der Gruppe "Jugendnetzwerk für politische Aktionen" (Junepa) (David Haase, Ernst-Ludwig Iskenius, Katja Tempel und Karen W.) hatten mit fünf weiteren Personen (u. a. Clara Tempel und Ronja Bober) am 12. September 2016 die Landebahn mit Luftballons für mehr als eine Stunde besetzt. In der Zwischenzeit musste Clara Tempel von der Prozessgruppe "Wider§pruch", weil sie die Zahlung ihrer Geldstrafe aus politischen Gründen verweigerte, ab dem 21. März 2019 eine Ersatzfreiheitsstrafe von einer Woche in der JVA Hildesheim absitzen.

An den Protestaktionen und Aufklärungskampagnen sind verschiedene deutsche und internationale Organisationen beteiligt: Gewaltfreie Aktion Atomwaffen Abschaffen (GAAA), Ärzte gegen Atomkrieg (IPPNW), Friedensgruppe Daun, AG Frieden aus Völklingen, die Stop-Ramstein-Kampagne, die Quäker, die amerikanische NGO Nukewatch, etc..

Die NATO-Staaten begründen ihre nuklearen Rüstungspläne mit der aggressiven russischen Atomrüstung. Während die NATO seit dem Ende des Kalten Krieges ihre nationalen, amerikanischen, britischen und französischen Nuklearpotentiale in Europa auf ein Bruchteil erheblich reduziert haben, setzte die russische Regierung ihre Atomrüstung fort:

Am 9. November 1992 trat der Vertrag über die Konventionellen Streitkräfte in Europa (KSE) in Kraft. Er sah eine umfassende Reduzierung Abrüstung bei den Kampfpanzern, sonstigen Panzern, Artilleriesystemen, Hubschraubern und Kampfflugzeugen vor. Im Rahmen dieser Abrüstungsmaßnahme wurden rund 51.000 z. T. fabrikneue Waffensysteme verschrottet. Zwar ist der KSE-Vertrag - dem Namen nach - ein Abkommen zur Reduzierung der konventionellen Rüstung, allerdings sind viele Artilleriesysteme (Kanonen, Haubitzen und Panzerhaubitzen) nuklearfähig. Durch die Beseitigung dieser Waffensysteme trägt die Vereinbarung mittelbar auch zur Reduzierung der Atomgranaten bei. Allerdings setzte Russland am 14. Juli 2007 den KSE-Vertrag aus. Somit konnte Russland seine Rüstung bei den Artilleriesystemen wieder aufnehmen.

Außerdem hat die russische Regierung nach Ansicht der NATO gegen den INF-Vertrag (= Intermediate Nuclear Forces) zur Begrenzung der nuklearen Mittelstreckensysteme seit 2014 verstoßen. Das umfassende Rüstungskontrollabkommen war am 8. Dezember 1987 von dem amerikanischen Präsidenten Ronald Reagan und dem sowjetischen Generalsekretär Michail Gorbatschow in Washington unterzeichnet worden. Es war der erste "Abrüstungsvertrag", der diesen Namen wirklich verdiente: Zum ersten Mal wurden alle atomaren Mittelstrecken-Trägersysteme zwischen den beiden damaligen "Supermächten" eliminiert. Dies betraf alle landgestützten Flugkörper (Raketen und Marschflugkörper) mit einer Reichweite von 500 bis 5500 Kilometern in Europa.

Auf Seiten der US-Streitkräfte mussten insgesamt 846 Mittelstreckenflugkörpersysteme Pershing IIXR und BGM-109G Griffon verschrottet werden, auf Seiten der Sowjetunion wurden 1.846 Raketen der Typen RSD-10 Pionier (NATO-Bezeichnung SS-20), uralte Raketen R-12 Dvina (NATO-Code: SS-4 Sandal) und R-14 Chusovaya (NATO-Code: SS-5 Skean) sowie Marschflugkörper RK-55 Relief (NATO-Code: SSC-X-4 Slingshot) abgewrackt. Die letzte Rakete wurde im Mai 1991 demontiert.

Zu dem Abkommen war es gekommen, nachdem die NATO durch eine aggressive Atomrüstung mit Mittelstrecken-Flugkörpern die strategische Scheinstabilität zwischen den USA und der damaligen Sowjetunion aus den Angeln gehoben hatte, indem sie in Deutschland Erstschlagwaffen wie die Pershing IIXR dislozierten, die - wie Nuklearkriegsplaner es nennen - über eine "time-urgent, hard-target, single-shot-kill-probabilibity" (SSKP) verfügten. Initiatoren für diese gefährliche NATO-Politik waren ausgerechnet die deutschen Sozialdemokraten unter ihrem damaligen Bundeskanzler Hauptmann a. D. Helmut Schmidt.

Kernstück der heutigen russischen Atomrüstung ist die Iskander-"Raketenfamilie". Unter diesem Namen figuriert eine Mehrzahl verschiedener Flugkörper mit höchst unterschiedlicher Reichweite (415 bis ca. 2.500 km). Durch die Stationierung verschiedener Iskander-Flugkörper in den letzten 25 Jahren in Westrussland, hat der Kreml das atomare "Gleichgewicht" in Europa aus den Angeln gehoben.

- 9K720 Iskander (NATO-Code: SS-26 Stone-A): Schon in den neunziger Jahren hatte die russische Regierung das Kurzstreckenraketensystem 9K720 Iskander (NATO-Code: SS-26 Stone-A) mit dem Raketentyp 9M720 und einer Reichweite von 415 km des Herstellers KBM Kolomna entwickelt.

- 9M723 Iskander-M: Auf Basis dieses Modells wurde das modernisierte System 9M723 Iskander-M 2006 bei den russischen Streitkräften eingeführt. Dessen Raketen 9M723 und 9M723TL erzielten eine Reichweite von 480 km. Allerdings hängt die faktische Reichweite vom Gewicht des mitgeführten Sprengkopfes ab - je leichter desto weiter. Manche Autoren befürchten, dass die Reichweite der Rakete möglicherweise die 500-km-Marke überschreitet und damit unter das INF-Verbot fällt. So steht für die Raketen 9M723 eine Auswahl an Gefechtsköpfen zur Verfügung: Splittergefechtskopf, Streumunition, Panzerminen, FAE-Brandbombe, Penetrationsgefechtskopf gegen verbunkerte Punktziele, Atomgefechtskopf AA-86 mit einer variablen Sprengkraft von 5 bis 50 KT, Atomgefechtskopf AA-92 mit einer variablen Sprengkraft von 100 bis 200 KT, NEMP-Sprengsatz. Aufgrund der Raketenreichweite können mit diesem System - aus dem Stand - auch Ziele in der BRD getroffen werden.

Das Raketensystem Iskander-M ist seit Dezember 2014 auch in Pavenkovo in der Exklave Kaliningrad an der Grenze zu Polen stationiert. Im Oktober 2016 wurden die Stellungen anscheinend weiter ausgebaut. Spätestens seit Anfang 2018 sind die Iskander-Raketen bei Kaliningrad auch mit Atomsprengköpfen ausgerüstet. Dazu wurde das lokale Atomwaffendepot nordwestlich von Kaliningrad 2016-18 ausgebaut. Der eingezäunte Komplex besteht aus drei Bunkern, die nochmals von jeweils drei (Elektro-)Zäunen umgeben sind. Außerdem wurde der Flugkörper im Dezember 2016 bei der 152. Garde-Raketenbrigade der Baltischen Rotbannerflotte in Tschernjachowsk (vormals Insterburg) bei Kaliningrad eingeführt. Der dortige Bestand ist im Februar 2018 ausgebaut worden.

Seit Dezember 2015 ist Iskander-M zusätzlich bei der 26. Raketenbrigade in Ust-Luga bei Sankt Petersburg stationiert. Möglicherweise wurde das Waffensystem seit Mai 2014 auch auf der von Russland annektierten Halbinsel Krim disloziert.

- 9M728 Iskander-Krylataya (NATO-Code: SSC-7 oder SS-26 Stone-C): Ein weiteres Flugkörpersystem ist 9M728 Iskander-Krylataya (NATO-Code: SSC-7 oder SS-26 Stone-C). Dieses System verschießt den Marschflugkörper 9M728 (andere Bezeichnung: R-500) (NATO-Code: SS-C-7) mit einer Reichweite von ca. 500 km und einer Treffgenauigkeit von 30 Metern. Die Rakete wurde ab dem 29. Mai 2007 erprobt und ab 2009 bei den Streitkräften eingeführt. Dieser Flugkörper kann auch mit dem System Iskander-M verschossen werden. Trotz des möglichen INF-Verstoßes spielt der Flugkörper in der amerikanisch-russischen Kontroverse z. Zt. nur eine untergeordnete Rolle.

- 9M729 Iskander-Krylataya (NATO-Code: SSC-8 Screwdriver): Entgegen den bilateralen Rüstungskontrollvereinbarungen entwickelten die russischen Streitkräfte das modernisierte und reichweitengesteigerte Mittelstreckenflugkörpersystem 9M729 Iskander-Krylataya (NATO-Code: SSC-8 Screwdriver). Mit diesem System lassen sich namentlich nicht bekannte Marschflugkörper mit einer Schussweite zwischen 480 und 2.600 km abfeuern, die auf Basis des maritimen Marschflugkörpers 3M14 Kalibr (NATO-Code: SS-N-30) entwickelt wurden. Mit ihren technischen "Qualitäten" sind die neuen landgestützten Marschflugkörper quasi das Nachfolgemodell für die alten Marschflugkörper RK-55 Relief aus den 80er-Jahren, die durch den INF-Vertrag verboten wurden. Darüber hinaus kann das System auch den Marschflugkörper R-500 des Systems 9M728 abfeuern. Eine Batterie besteht aus einem mobilen Startfahrzeug MZKT-7930 Astrolog (8x8) und insgesamt vier bis sechs Marschflugkörpern, die in Behältern auf Lastwagen lagern. Jedes Bataillon verfügt über insgesamt vier Batterien.

Die Entwicklung des neuen Systems soll spätestens 2008 begonnen haben, der Erstflug des Prototypen SSC-X-8 fand 2014/15 statt. Bereits mehrere Bataillone mit insgesamt 64 Flugkörpern waren bis Anfang 2019 mit dem neuen System ausgerüstet, darunter der 630. Raketenverband in Kapustin Jar. Zwar erlaubt das INF-Abkommen - in begrenztem Umfang - Waffentests, aber mit der Einführung der SSC-8 bei der Truppe hat die russische Regierung gegen das INF-Abkommen verstoßen. (https://www.milfors.de/Atomr.ue.stung-d--D-e2-j%E0-vu-im-Mittelstreckenbereich.htm)

- Sonstige: In einer Parlamentsrede am 19. Dezember 2018 drohte der russische Präsident mit der Einführung weiterer atomarer Mittelstreckensysteme. Einen Tag später warnte Putin auf der Jahrespressekonferenz im gleichen Atemzug vor der wachsenden Gefahr eines Atomkrieges: "Wenn, Gott verhüte, so etwas passiert, kann das zur Vernichtung der ganzen Zivilisation führen, wenn nicht des ganzen Planeten."

Am 2. Februar 2019 kündigte Präsident Wladimir Putin den Bau einer neuen Hyperschall-Mittelstreckenrakete an. Am 5. Februar 2019 verkündete der russische Verteidigungsminister General Sergej Schoigu den Bau einer neuen Mittelstreckenrakete innerhalb von zwei Jahren: "Jetzt kommt es darauf an, die Reichweite der heute zu entwickelnden bodengestützten Raketensysteme zu erhöhen."

Die Modernisierung des US-Atombombenarsenals in Europa durch Einführung der B61-12 ist zunächst einmal darauf zurückzuführen, dass Atomwaffen aufgrund des permanenten spontanen radioaktiven Zerfalls der Kernladung nur eine technisch begrenzte Lebensdauer von vielleicht 15 bis 20 Jahren haben. Dann müssen die alten Waffen durch neue Waffen ersetzt werden. Statt die alten Bomben durch neue Bomben desselben Typs zu ersetzen, nutzen die Militärs diesen Austausch gerne, um einen alten Atomwaffentypen durch einen moderneren Typ zu ersetzen. Dies betrifft auch die bevorstehende Einführung der B61-12. Allerdings war das Ausmaß der Modernisierung der B61-Bomben, das von der US-Regierung als bloßes "Lebensverlängerungsprogramm" (Life Extension Program - LEP) propagiert wurde, in den USA höchst umstritten. Daher kam die russische Hochrüstung in Europa der US-Regierung als zusätzliches Argument für die Durchführung des Programms gelegen.

Außer der Stationierung der B61-12-Bombe hatte die US-Regierung keine weiteren unmittelbaren Gegenmaßnahmen geplant. Nur vereinzelt gab es Stimmen, die eine neue (atomare) "Nachrüstung" forderten, so Michael Gahler (CDU), sicherheitspolitischer Sprecher der EVP-Fraktion im Europaparlament. Aber auch Gahler warnte: "Heute ist die Situation viel weniger berechenbar als zu Zeiten des NATO-Doppelbeschlusses."

Aber am 1. Februar 2019 kündigte die US-Regierung das INF-Abkommen zum 31. Juli /1. August auf. Angesichts der russischen Rüstungsanstrengungen hat der amerikanische Kongress inzwischen Gegenreaktionen gefordert. Es solle innerhalb eines Jahres ein eigener landgestützter, mobiler, konventioneller oder nuklearwaffenfähiger Marschflugkörper mit einer Reichweite von bis zu 5500 Kilometern entwickelt und erprobt werden. Anscheinend plant das Pentagon die Entwicklung eines bodengestützten Marschflugkörpers mit Mittelstrecken-Reichweite als Nachfolger für den alten BGM-109G Griffon aus den achtziger Jahren. Die ersten Arbeiten dazu haben anscheinend bereits Ende 2017 begonnen. Der Bundesnachrichtendienst geht davon aus, dass es mindestens fünf Jahre dauern wird, bis ein neuer Marschflugkörper einsatzbereit wäre. (http://www.spiegel.de/politik/deutschland/inf-abruestungsvertrag-neue-us-marschflugkoerper-in-europa-nicht-vor-2023-a-1242560.html)

Die Sprecherin des Pentagon, Oberstleutnant Michelle Baldanza, erklärte am 11. März 2019: "We will commence fabrication activities on components to support developmental testing of these systems - activities that until February 2 would have been inconsistent with our obligations under the treaty. (…) Because the United States has scrupulously complied with its obligations with the INF Treaty, these programs are in the early stages." Außerdem fügte sie hinzu, dass die US-Anstrengungen "conventional only - not nuclear" wären. Allerdings ist diese Zusatzbemerkung fragwürdig, da es beim INF-Abkommen - dem Namen und Inhalt nach - ausschließlich um Atomwaffen geht.

Es sei beabsichtigt, das System "zum Schutz der NATO-Verbündeten" in Europa zu stationieren. Sollte das in Westeuropa nicht möglich sein, müsse, so heißt es in Washington, ein Aufbau der Raketen in Osteuropa erwogen werden. Hier gilt es die weitere Entwicklung abzuwarten.

In diesem Zusammenhang sei auch darauf verwiesen, dass die US-Marine eine landgestützte Version ihres AEGIS-Systems mit den Flugkörperstartgeräten Mk 41 Vertical Launching System (VLS) entwickelt hat. Dieses ist seit 2015 in Deveselu (Rumänien) und seit 2018 in Redzikovo (Polen) disloziert. Eigentlich sind die Abschusskanister für die Anti-Raketen-Raketen Raytheon RIM-161 Standard Missile SM-3 Block 1B/IIA vorgesehen, aber - nach Angaben des Herstellers - könnten aus diesen Rohren - aufgrund der ähnlichen äußeren Abmessungen - auch Marschflugkörper vom Typ Raytheon RGM-109 Tomahawk abgefeuert werden. Jeweils 24 Kanister sind zu einer Abschussbox zusammengefasst. Das System ist auch unter der Bezeichnung "AEGIS Ashore" bekannt. Der polnische Außenminister Jacek Czaputowicz forderte bereits im Februar 2019 die Stationierung (neuer) amerikanischer Atomraketen in Europa.

US-Stratege Elbridge A. Colby kritisierte die Zusammensetzung des US-Atomarsenals und forderte im November 2018 in der Zeitschrift "Foreign Affairs" die Entwicklung neuer, taktischer Mininukes, um einen begrenzten Atomkrieg in Europa oder Fernost führen zu können:

This arsenal, designed to inflict unimaginable damage in an apocalyptic war, is necessary to deter the gravest forms of attack. But threatening to use such weapons in a limited war in defense of allies thousands of miles from U.S. shores is just too extreme to be convincing and therefore unlikely to work. Instead, the United States needs weapons systems that can bridge the wide gulf between conventional and all-out nuclear war. In particular, Washington should step up its efforts to develop low-yield tactical nuclear weapons and associated strategies that could help blunt or defeat a Russian or Chinese attack on U.S. allies without provoking a nuclear apocalypse. (…) Russia has spent much of its limited money building a modern and varied nuclear weapons arsenal. Much of this arsenal is designed to attack specific military targets rather than to wipe out major cities in one fell swoop. For instance, Russia fields a substantial number of naval nuclear weapons, including antiship cruise missiles, nuclear torpedoes, and nuclear depth charges. As Russian exercises and military journals suggest, the idea behind Moscow’s nuclear strategy is to use tailored nuclear weapons to settle a war on Russia’s terms, gambling that going nuclear will intimidate the United States into backing down—a strategy known as "escalate to de-escalate." (…) But the United States should go further and specifically develop or adapt a modest number of nuclear weapons and delivery systems that could damage key Russian or Chinese conventional targets, especially those needed for an invasion of the Baltics or Taiwan: entrenched ground forces, maneuver troops, naval flotillas, and invasion fleets. The new weapons would need lower yields than most of those in the current arsenal, which have been optimized to destroy hardened silos sheltering enemy missiles, not to stop conventional forces.

Während man sich innerhalb der NATO bzgl. der Bewertung der russischen Atomrüstung am 1. Februar 2019 einig war, war dies am 5. Februar 2019 innerhalb der EU nicht möglich, da Zypern ein Veto einlegten.

Die US-Streitkräfte haben von 7200 Atomwaffen in den achtziger Jahren noch 100 bis 200 US-Atombomben in Europa stationiert. Frankreich hat sein Arsenal - inklusive der Atom-U-Boote - von 540 Stück im Jahr 1990 auf 300 Sprengköpfe reduziert. Großbritannien verfügt heute - inklusive der Atom-U-Boote - noch über insgesamt 215 Sprengköpfe. (https://www.sipri.org/sites/default/files/2017-06/fs_1707_wnf.pdf)

Während so auf Seiten der NATO - mit den strategischen Atom-U-Boote - 615 bis 715 Atomsprengkörper verblieben ist, kann Russland eine Vielzahl taktischer Atomwaffensysteme aufbieten. Sein Arsenal an taktischen Atomwaffen - also ohne die strategische Atom-U-Boote - beträgt z. Zt. ca. 1.850 Stück. Allerdings sind diese über den europäischen und den asiatischen Landesteil verteilt, so dass man die Atomwaffen im Osten rausrechnen müsste. Wichtige Atomwaffendepots im Westteil Russland sind Belgorod-22, Bryansk-18, Mozhaysk-10, Olenogorsk-2, Vologda-20 und Voroneszh-45. Der hohe Nuklearbestand ist darauf zurückzuführen, dass die russische Generalität immer noch auf eine große Zahl nuklearer Artilleriesysteme, Gravitationsbomben und Schiffswaffen unterschiedlichen Typs setzt, während die NATO längst auf konventionelle, präzisionsgesteuerte Munition umgerüstet hat.

Von der atomaren Rüstung geht immer ein besonderes Risiko aus. So könnte die US-Regierung - wie in den achtziger Jahren - darauf spekulieren, dass sich ein Atomkrieg auf (Zentral-)Europa regional begrenzen ließe, was am wenigsten im Interesse der Europäer wäre. Aufgrund ihrer atomaren "Überlegenheit" bei den regionalen Atomwaffen könnte auch die russische Regierung versucht sein, einen potentiellen Atomkrieg auf Europa zu begrenzen. So könnten die russischen Streitkräfte eine begrenzte Stückzahl möglichst kleiner Atomwaffen gezielt in Europa einsetzen, um ihre - wie auch immer gearteten - Kriegsziele durchzusetzen, während die US-Regierung im fernen Washington vor einer atomaren Eskalation zurückschreckt. Militärexperten sprechen hier vor einer "escalate-to deescalate"-Strategie. Außerdem ist nicht ausgeschlossen, dass der Kreml im Falle einer inneren (Wirtschafts-)Krise einen Konflikt mit einem Nachbarstaat provoziert, um durch Externalisierung und mittels national-patriotischer Propaganda die Probleme im Inneren vorübergehend zu kanalisieren. Eskalation nicht ausgeschlossen.

Anders als in den achtziger Jahren ist ein Erstschlag oder Enthauptungsschlag (decapitation strike) mit den gegenwärtigen landgestützten US-Atomwaffen in Europa weder zahlenmäßig noch von den Waffenparametern der vorhandenen Systeme her möglich. Eine akute Nuklearkrise, wie in der Nacht vom 8. auf den 9. November 1983 während der NATO-Stabsrahmenübung ABLE ARCHER, als die sowjetischen Streitkräfte im Rahmen der Operation RAKETNO-JADERNOJE NAPADENIJE (RYAN) ihre Atomwaffensysteme in der damaligen DDR, Polen und in Westrussland in Gefechtsbereitschaft versetzten, um die Bundesrepublik in Feinstaub zu verwandeln, ist daher unwahrscheinlich (Neue Dokumente zu ABLE ARCHER).

Andererseits wird durch die zunehmende Hybridisierung der Kriegführung das operative-militärische Geschehen immer komplizierter, weniger überschaubar und damit weniger vorhersehbar und kontrollierbar. Dies wiederum steigert die Gefahr eines "irrtümlichen" Atomkrieges. In dem Fall kann man nur hoffen, dass möglichst alle Waffensysteme nicht einsatzbereit sind. Insofern ist die Bundeswehr unter Ursula von der Leyen auf einem guten Wege.

Dreimal die Woche: Erderwärmung und Energiewende kompetent eingeordnet.